Review

Nach einem Motorradunfall wird die schwerverletzte Rose in einer nahegelegenen Schönheitsklinik operiert. Dabei verpflanzt Dr. Keloid Gewebe von ihrem Oberschenkel auf die zerstörte Brustpartie, nachdem es "neutralisiert" wurde. Diese neue Methode birgt zwar die Gefahr der Geschwürbildung doch angesichts der schweren Verletzung nimmt der Arzt dieses in Kauf. Zunächst verläuft alles wie gewünscht, da sich das Gewebe ohne Narbenbildung dem Körper anpasst. Doch eines Tages erwacht Rose unerwartet aus dem Koma und fällt einen anderen Patienten an. Die Ärzte und Behörden bemerken erst viel zu spät, dass sich mittlerweile eine Epidemie wie die Tollwut ausbreitet ... Wie in David Cronenbergs vorigem Werk "Shivers" ist es die medizinisch-futuristische Idee, die Unheil verbreitet. Nicht ganz so blutig, doch mit dem entsprechenden Gefühl, welche Körpermodifikationen für einigen Schrecken in den Köpfen der Zuschauer sorgen, erschuf der Kanadier ein weiteres Szenario, das abseits von üblichen Horrorvisionen funktioniert. Allein schon die Idee von einem penisartigen Stachel in einer vaginaähnlichen Öffnung unter der Achsel zeugt deutlich vom Geist eines David Cronenberg und scheint so etwas wie ein Überbleibsel aus seinem Biochemiestudium zu sein. Der vampiristische Akt wird wie ein Sexualakt dargestellt und vermittelt für die Entstehungszeit eine beachtliche Aggressivität, unterstützt von preisgekrönten SFX von Al Griswold ("8MM"). Außer mit wenigen Zeitlupeneffekten bei emotionalen Höhepunkten filmt Cronenberg mit wenig spektakulären Mitteln sein Katastrophenszenario ab, das im Gegensatz zu seinen späteren Werken noch durchaus gering budgetiert wirkt, statt mit ausgefallenen Beleuchtungen und ästhetischen Sets zu glänzen. Erstaunlich ist das Setting, so sehr es auch thematisch an seinen "Shivers" erinnert. Denn während George A. Romero seinen "Crazies" vorwegschickte, bekommt das Ausmaß der Katastrophe hier schon Züge, die an den kurz danach gedrehten "Dawn Of The Dead" erinnern, genau genommen gibt es auch hier bereits eine Szene in einem Kaufhaus, in dem die zombieähnlichen Kranken über andere Menschen herfallen. Anders als Romeros Kultzombiefilme entwickelt Cronenberg seine pessimistische Grundstimmung aus unvermittelten Situationen, die keine Massen von Statisten oder gar Splattereffekten benötigen. Die von der Seuche Befallenen sehen mit Schaum vor dem Mund und vom Blutdurst getrieben fast aus wie Neozombies aus einer Zeit, als solche Figuren gemeinhin lahm umherwankten. Die Reaktion des Bürgermeisters, am besten alle Infizierten zu erschiessen oder die Säuberungskommandos in ihren weissen Schutzanzügen stehen in ihrer herben Wirkung anderen Sci-Fi-Paranoiastreifen bis hin zu "Soilent Green" in nichts nach. Wie auch sein Spielfilmdebut lässt Cronenberg seinen zweiten Film in Montreal spielen, geht allerdings noch etwas weiter, was die Ausbreitung der Epidemie angeht. Ob zu Hause im Kinderzimmer oder in der U-Bahn, kaum ein Platz ist sicher und spiegelt schon rasch die apokalyptischen Ausmaße wieder. Dagegen ist die plakative, sexuell motivierte Ausrichtung von "Shivers" etwas gewichen und mehr in eine Story eingebunden, allerdings nicht ständig augenscheinlich. Sein Motiv der sexuellen Ängste spiegelt sich auch in kleinen Verweisen auf ein Buch von Sigmund Freud oder ein Filmplakat des kurz zuvor erschienenen "Carrie" wieder. Die Hauptfigur Rose (Marilyn Chambers) beeindruckt mit ihrer Zerrissenheit zwischen Blutlust und Selbstvorwürfen, ihr, dem monströsen Produkt des medizinischen Fortschritts, gegenüber erklärt sich eigentlich schon beim Namen von Dr. Keloid (was soviel wie Geschwulst bzw.Tumor bedeutet) wo der Hase im Pfeffer liegt. Das Augenmerk liegt auf der ethischen Verantwortung des Wissenschaftlers, wohl nicht zufällig fällt beiläufig der Name Frankenstein. Das Ende ist genau so tragisch wie bedrückend, für Freunde von leicht verdaulichen oder beschwingten Horrorfilmen ist "Rabid" absolut verkehrt. Wer allerdings Gefallen an Romeros Filmen vor seiner Trilogie findet, sollte an diesem düsteren Horrorklassiker auch gute Unterhaltung finden.

Fazit: Man fragt sich, wer von wem adaptiert hat: Romero von Cronenberg oder anders herum ? Funktioniert fast schon als Prequel zu "Dawn Of The Dead", allerdings in unamerikanischerer filmischer Umsetzung. 8/10 Punkten

Details
Ähnliche Filme