New York 1974. Chris wird nach 12 Jahren aus dem Knast entlassen. Erwartet wird er von seiner Schwester und seinem Bruder Frank, einem Cop. Der wiederum hat gerade eine Razzia in einer Wohnung durchgeführt, an deren Ende 2 tote und ein verhafteter Dealer standen. Und der Verdacht steht im Raum, dass die Verhaftung nur stattfand, weil Frank mit der Frau des Dealers eine Beziehung hatte. Ein Brüderpaar als Cop und Killer – das kann auf Dauer nicht wirklich gut gehen. Irgendwann ist klar, dass Chris sehr wohl wieder das schnelle Geld haben will, und Frank wird von Seiten seiner Vorgesetzten die Pistole auf die Brust gesetzt: Abbruch entweder der Beziehung zu Chris, oder der Beziehung zur Polizei. Und beim nächsten Überfall stehen sie sich dann tatsächlich gegenüber, die beiden ungleichen Brüder, die einander so sehr lieben und hassen. Wie Brüder halt so sind – einander umbringen kann man nicht, aber einander verzeihen ist auch nicht leicht …
Ein Familiendrama. Ein Krimi. Ein Zeitdokument. Ein Gangsterdrama. Eine Cop-Geschichte. Guillaume Canet bringt die unterschiedlichen Genres ziemlich gut zusammen, aber angenehmerweise kann er sich dabei auf Schauspieler verlassen, die auch komplexe Rollenanforderungen scheinbar mal eben aus dem Ärmel schütteln. Denn die Story hat neben verschiedenen vorhersehbaren Elementen durchaus den einen oder anderen Hänger, und wenn man mal ehrlich ist, dann ist der Film eine gute halbe Stunde zu lang. Aber prinzipiell Canet macht so einiges richtig: Die Schauspieler sind wie erwähnt erstklassig, das Zeitkolorit passt sehr gut und ist stimmig, der Soundtrack groovt vom Feinsten, und es gibt so ein paar Charaktere in der Geschichte, die das Interesse über die Laufzeit wach halten. Matthias Schoenaerts als Scarfo ist zum Beispiel so einer: Ein richtig mieser Typ, stereotyp arschlochig bis zum Abwinken, aber so inspiriert zum Leben gebracht, dass man um die Rolle fast einen eigenen Film hätte drehen können. Und da er ist nicht der einzige.
Und noch eines passt: Trotz, ich erwähnte es, des ein oder anderen Standards, dreht und wendet sich die Geschichte ein paar Mal sehr unvorhersehbar. Schon die Veränderung der Erzählperspektive von Chris, mit dem der Film beginnt, hin zu Frank, der tatsächlich der interessantere der beiden Brüder ist (vom erzählerischen Standpunkt aus gesehen) ist spannend. Aber in den Actionsequenzen wirkt Chris dann wiederum stärker, nimmt sich Billy Crudup als Frank völlig zurück. Ein Wechselspiel so wie es unter Brüdern halt nun mal ist: Manchmal ist der eine der Stärkere, und manchmal der andere. Der schwache Frank, der vor Problemen den Kopf wegdreht (man beachte die Schlusseinstellung), und der starke Chris, der Probleme eher mit Gewalt auf seine Weise löst. Oder ist es manchmal nicht vielleicht doch anders herum?
Ein guter und nicht allzu leiser Film, der geschickt die Waage zwischen Krimi und Drama hält. Nur eben ein klein wenig zu lang …