Review

In den USA sind Antidepressiva die am häufigsten verschriebenen Medikamente, die knapp 27 Millionen Menschen einnehmen. Vor nicht einmal zehn Jahren waren es nur halb so viele. Tendenz (wie auch bei uns in Deutschland): Enorm steigend.
Grund genug für Regisseur Steven Soderbergh (Ocean´s Eleven, Solaris) einen Film über diese Krankheit zu drehen.

Emily (Rooney Mara) hätte allen Grund zum Jubeln: Nach vier Jahren kommt ihr Mann Martin (Channing Tatum) endlich aus dem Gefängnis. Doch statt sich zu freuen, begeht Emily einen Selbstmordversuch. Im Krankenhaus lernt sie den engagierten Psychiater Dr. Banks (Jude Law) kennen, der ihr ambulante Therapiestunden anbietet und auf Empfehlung von Emilys früherer Ärztin Dr. Siebert (Catherine Zeta-Jones) ein angeblich nebenwirkungsfreies Medikament gegen ihre Depression verschreibt. Doch Emily schlägt auf das Medikament nicht so an, wie sie soll und begeht eine entsetzliche Tat. Dr. Banks gerät daraufhin in ein Netz aus Lügen und Intrigen...


Persönlich hab ich mich schon im Vorspann gefreut, als ich den Namen Thomas Newman las. Wer es nicht weiß: Newman ist quasi mein Lieblingskomponist und hat mir schon sehr viele dreamlandnoizige Stunden mit seinen Soundtracks bescherrt ("The Green Mile", "Die Verurteilten", "Der Pferdeflüsterer", "American Beauty"). Alles Alben, die man von vorne bis hinten durchhören kann. Doch leider scheint bei ihm die Luft draußen zu sein, denn seit 2003 hat Newman keinen OST mehr komponiert, der mir so zu Herzen ging, wie seine früheren Werke. Dementsprechend "mittelmäßig" drückt er auch "Side Effects"  seinen Stempel auf, jedoch ohne jeglichen Ohrwurmcharakter.
Dass sehr gute musikalische Begleiterscheinung ja schon die halbe Miete ist, hab ich das letzte Mal 2007 in "Transformers" erlebt, als Steven Jablonsky einen epischen Soundtrack schrieb.

Doch kommen wir zurück zu meinen Depressionen über diesen Film. "Side Effects" stürzt sich etwas holprig in den Plot hinein. Wenn man die Inhaltsangabe nicht kennen würde, wäre für den Zuschauer der Einstieg schwer, da die Gefängnis-Geschichte des Ehegatten Martin nur schablonenhaft und völlig unzureichend angerissen wird. Kein Thema - ich denke gerne bei Filmen mit, doch hellsehen kann ich auch nicht.
Und obwohl der Plot eh schon ganz gemächlich in die Pötte kommt, hätte Soderbergh zu Beginn noch fünf Minuten dranklatschen können, denn bei der gepflegten Langeweile, die in der ersten Stunde herrscht, wären auch 65 Minuten kein Drama gewesen, um den Einstieg etwas verständlicher zu machen.

Bis auf zwei heftige Stellen in der ersten Stunde, die mich vorm Einschlafen gerettet haben, konzentriert sich die Geschichte rund um Emily, ihre Depression und die vielen, unterschiedlichen Medikamente.
Hier könnte man noch meinen, dass Soderbergh mit der Pharmaindustrie abrechnen will, da Emily viele Medikamente ausprobiert, die mal besser und mal schlechter wirken. Genau wie ihre Nebenwirkungen (die in meinen Augen etwas übertrieben dargestellt werden). Insbesondere als Dr. Banks Emily auch neue, scheinbar nicht ausreichend getestete, Medikamente verschreibt, bei denen er ordentlich mitverdient, sieht man, dass die Pharma-Industrie über Leichen geht, für ihre fein abgestimmten Tabletten auf den Markt zu bringen. Zum einen natürlich, um dem Patient zu helfen und zu verarzten, jedoch ist der Hauptantrieb dann doch die enorme Gier nach Geld.
Tja, da kommen schon mal (zumindest bei mir) Erinnerungen zum eigenen Hausarzt hoch, der hier und da auch mal ein neuartiges Wunderkraut hatte, bei dem mir jedoch lediglich Blumenkohl am Hintern wuchs.

Doch Soderbergh nutzt praktisch dieses ernste Thema gnadenlos aus, um aus dem interessanten Stoff einen Thriller zu praktizieren, der nach diesen relativ schwachen sechzig Minuten endlich in Fahrt kommt. Ich will nicht sagen, dass Hochspannung in meiner Hose vorhanden war, allerdings fesselte ab da das Geschehen und bang - es geht hin und her bis zum "grandiosen" Finale.

Natürlich, und da lege ich meine Hand ins Feuer, wird kein Zuschauer auf diese Wendungen kommen. Allerdings muss ich auch sagen, dass für meinen Geschmack diese Wendung so weit hergeholt wird, dass sie einen faden Beigeschmack hat. Aber ganz ehrlich, was soll´s. Denn die Dialoge und taktische Vorgehensweise von allen Seiten sind mit dieser Wendung zum Zunge schnalzen. Wenn ich das Ende auch gerne etwas dreckiger gesehen hätte.


Somit kann man bei "Side Effects" von einem relativ guten Psycho(-pharmaka)-Thriller sprechen, der allerdings einen Arschtritt braucht, für endlich mal in die Gänge zu kommen. Letzlich wirkt die Wendung teuflisch und faszinierend, gleichzeitig aber auch over und viel zu weit hergeholt.
Naja, immerhin ist der Film für einen Thriller gut durchdacht. Doch am eigentlichen Thema "Depression" knallt er letztendlich gnadenlos vorbei.

6/10

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