Der größte Fehler, den man bei "Der schmale Grat" machen kann, ist, ihn mit "Private Ryan" zu vergleichen, der im selben Jahr herauskam und ihn bei den Oscars schlug.
Malicks Film schlägt eine ganz andere Saite an, wesentlich poetischer und philosophischer als der harte und nachdenkliche Kriegsalltag Spielbergs.
Sicherlich ist "The thin red line" ein ungewohnter Bilderrausch, wenn man schon in Kriegsfilmkategorien denkt. Das Spektakel des Krieges wartet eine Stunde, bis man es auf die Zuschauer losläßt. Bis dahin widmet sich das Buch ausgiebig den Erfahrungen und inneren Monologen diverser Kriegsteilnehmer aller möglichen Ränge und Klassen und der Film schwelgt in Naturpanoramen, Eingeborenenleben und friedlich-lebendigen Farben.
Herzstück der Handlung bleibt trotz zahlreicher Abschweifungen der halbabtrünnige Private Witt (Jim Caviezel), der sich dem Begriff Krieg auf seine ganz eigene und vergeistigte Weise nähert, dem Leben unter den (vom Krieg geistig unberührten) Eingeborenen frönt und das Wesen von Leben und Tod neu zu interpretieren versucht.
Das mag zwar eine neue Perspektive sein und die Bilder sind erlesen, doch die vergeistigte Gesamthaltung führt zu einigen wirren Off-Kommentaren, die niemals konkret werden und von den Bildern losgelöst scheinen. Tatsächlich wäre so manche vage Gedankenkette durch einen von einem gesprochenen Off-Kommentar gut zu ersetzen gewesen, denn so zerfasert der Film, wird nie fokussiert und schwimmt zwischen den Szenen hin und her.
Wahre Klasse beweist jedoch die Sequenz im gräsernen Meer, wenn die Kompanien ein Japaner-MG-Nest angreifen müssen. Hinreißend dramatisch und spannend, da man den Feind trotz weiter Sicht nicht ausmachen kann, dreht Malick hier ziemlich auf, da er dem Geschehen auch inhaltlich so Zügel anlegt. Wenn man ihm zusätzlich etwas zugute halten will, dann, daß niemand in diesem Film sicher ist. Caviezel hat zwar die größten Anteile an der Handlung, doch das macht ihn noch lange nicht zur Identifikationsfigur für den Zuschauer. Und auch die großen Namen, die hier reichlich durchs Bild huschen (besonders unwichtig : John Travolta und George Clooney) sind eher irreführend, denn ihe Anwesenheit gibt ein Versprechen ab, das der Film nicht einlöst.
Das Ende kommt dann wieder reichlich philosophisch verbrämt, aber im Filmkontext zwingend, wenn auch der Eindruck bleibt, daß man noch hätte weitermachen können, einige Stunden, ohne innezuhalten. So wirkt der Film tatsächlich (ohne Kommentar) wie ein Tagebuchausschnitt aus dem WW2, blind aus der Historie gegriffen.
Herausragend sicherich die Bilder, die Malick (der schon bei seinen heute gefeierten ersten zwei Filmen ein künstlerisches und finanzielles Chaos verursacht hatte, was heute gern unter den Teppich gekehrt wird) hier eingefangen hat, doch die mangelnde Straffheit und das Übermaß an psycho-religiösem Blabla läßt das Interesse bald erlahmen.
Deswegen endet der mögliche Zweikampf mit Spielberg auch unentschieden, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen. Weniger klischeehaft, dafür verquaster. (7/10)