Review

Kniffeliger Wirtschaftskriminalfall, den uns Philip Kaufman hier nach einer Vorlage von Erfolgsautor Michael Crichton präsentiert. Größte Stärke des exquisiten "Wiege der Sonne"-Szenarios ist der schroffe Zusammenprall japanischer und westlicher Kultur, welcher mit finsteren Hochhausetagen, eisiger Distanz und allerlei Hightech-Überwachung für eine wirklich gelungene, kühle Kriminalatmosphäre sorgt.

Doch das Wörtchen "Wirtschaftskriminalfall" dürfte es schon suggerieren: Bei aller Atmosphäre, der astreinen technischen Umsetzung und bärenstarken Darstellerleistungen mangelt es "Wiege der Sonne" mitunter doch merklich an klassischer Spannung und Action. So gibt es nach sehr gelungener Einführung und stimmigem Ermittlungsauftakt am Ort des abscheulichen Verbrechens doch so manchen Hänger, so manche etwas unnötige Szene, die den Filmfluss behindert. Runde 10 Minuten hätte man problemlos nachträglich rauskürzen können! Ich hätte mir daneben aber gewünscht, daß der Plot im weiteren Verlauf noch näher am eigentlichen Ermittlungsgeschehen geblieben wäre anstatt immer einen weiteren, überflüssigen Nebencharakter (zB der Steve Buscemis) zu beleuchten oder ergebnislos auf nobelsten Golfplätzen zu hofieren.
Daß einem trotzdem nicht wirklich langweilig wird, liegt an dem glücklichen(?) Umstand, daß das storyseitige Geflecht aus Verschwörung, Mord und Korruption überdurchschnittlich komplex gestaltet wurde und man als Zuschauer somit gezwungenermaßen laufend am grübeln ist, wie die verschiedenen Puzzleteile denn nun zusammenpassen. Die Hänger bemerkt man so beinahe garnicht. Eine echte Chance zum Durchdringen dieses Puzzles empfand ich jedoch leider als nicht gegeben, da vieles schlicht nicht ohne extrerne Hilfe antschlüsselbar ist und zum Teil auch mit dem einsetzenden Abspann nicht komplett aufgeklärt wird. Da dampft das Hirn! Aber gut, vielleicht muss es ja auch nicht immer vollständige Aufklärung sein, zumal wir es ja ohnehin mit der von jeher geheimnisvollen japanischen Kultur zu tun haben...

Als nicht so leicht entschuldbar erweist sich schließlich der markante Actionmangel. Warum nicht hier und da ein kleiner Shootout oder Mordversuch eingestreut wurde, will sich mir nicht erschließen. Eine Autoexplosion, ein auslösender Mord und etwas Alibi-Kloppe sind trotz nüchterner Düsteroptik und stimmigem Score einfach zu wenig für 2 verhältnismäßig trockene 120 Knobelminuten!
Gut, daß es da noch die herausragenden Darstellerleistungen in die Waagschale zu werfen gibt: Sean Connery mimt den undurchsichtigen, irgendwie in die Ereignisse verstrickten Japanspezialisten in absolut glaubwürdiger Weise, ebenso wie Wesley Snipes den heißblütigen, auch nicht ganz sauberen Cop abgibt. Harvey Keitel überzeugt ferner als etwas mehr im Hintergrund bleibender, rassistischer Cop und Cary-Hiroyuki Tagawa, Mako und Tia Carrere stellen die geschäftstüchtige Nipponfraktion.

Fazit: Wie ich anderen Reviews entnehmen konnte, enthält die Romanvorlage weitaus rassistischere Töne, die insgesamt für eine deutlich bedrohlichere Grundatmosphäre sorgen sollen. Ich kann mich nur anschließen, wenn ich meine, daß eben dieser zusätzliche Pfeffer der Filmversion verdammt gut zu Gesicht gestanden hätte! Dennoch fühlte ich mich unterm Strich gut unterhalten: Technik, Atmosphäre und Darsteller sind erstklassig, schade daß es etwas an Tempo, Action und Spannung mangelt. Aber so sind Wirtschaftsverbrechen nunmal wohl auch...

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