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Ein Maserati-Verkäufer in den Niederlanden gibt sich als Italiener aus, obwohl seine Familie aus Marokko stammt, um bessere Karrierechancen zu ergattern. Das funktioniert so lange, bis seine Verlobte seine Eltern und seine Eltern seine Verlobte kennen lernen wollen – und sein riesiges Lügenkonstrukt zusammenzustürzen droht.

Die niederländisch-belgische Co-Produktion „Valentino“ klingt von der Storyanlage her nach einer Multikulti-Komödie, die Klischees und Vorurteile über fremde Nationen aufs Korn nimmt und vielleicht sogar den selektiven Rassismus thematisiert, den Europäer zwischen „Ausländern“ aus (West-)Europa und „Ausländern“ anderer Kontinente aufrecht erhalten. Doch nichts davon wird in mehr als Ansätzen umgesetzt – der Film entpuppt sich als stumpfsinnige Klamotte ohne jeden Tiefgang – und, fast noch schlimmer, ohne jeden Humor.

Schon die Eingangsszene, die anfangs durchaus gefallen kann, wenn sie die aufwendigen Vorbereitungen Dinos alias Farids zeigt, der sich in einem alltäglichen Morgenritual zum schicken Italiener stylt, um dann im Maserati durch die Straßen zur Arbeit zu cruisen, erweist sich als platt und vorhersehbar, als er den geborgten Luxuswagen schließlich in der Garage des Autohauses abstellt und zur Arbeit geht. Von da an wird es rapide schlimmer: Dino bedient alle nur denkbaren Italiener-Klischees – lautes, übertriebenes Auftreten, dreistes Dazwischengehen, derbes Anmachen von Frauen, die ihm gefallen, Eitelkeit und Hang zum Luxus – und soll dabei auch noch als zentraler Sympathieträger der Handlung eingeführt werden. Doch sein Konstrukt aus Lebenslügen, das sich bis auf seine Verlobte erstreckt, wirkt nun wirklich alles andere als sympathisch. Dass seine falsche Nationalität einen durchaus politisch ernsten Hintergrund hat (als eingewanderter Italiener hat er es nun einmal tatsächlich leichter als als eingewanderter Marokkaner), wird bis auf einen Satz nicht thematisiert und so die politisch subversive Möglichkeit der Story komplett liegen gelassen. Stattdessen sieht man ihm dabei zu, wie er sich den gesamten Film hindurch in immer mehr und dreistere Lügen verstrickt, und soll dann noch mit ihm mitfiebern, ob die Angebetete sich von so viel Falschheit am Ende nicht etwa abgestoßen fühlt (was ihr absolutes Recht wäre). In bester Tradition uralter Liebes-Komödien wird hier lügnerisches, betrügerisches und heuchlerisches Verhalten zur Bagatelle verharmlost und das männliche Buhlen mit allen erdenklichen Mitteln durch das charakterlose Nachgeben der Frauen belohnt. Altmodischer geht es kaum.

Und vorhersehbarer auch nicht. Wie die Handlung ausgehen mag, sehen alle, die schon einmal auch nur einen Film dieser Art gesehen haben, weit voraus. Die sich bis dahin stapelnden Problemchen (dem kranken Vater verspricht Dino, für ihn den Ramadan durchzuführen, woran er beinahe gesundheitlich zugrunde geht; den selbstherrlichen Kollegen schickt er mit einem fiesen Trick vor einem wichtigen Kundentermin in die Wüste) zeugen in erster Linie von Dinos Charakterlosigkeit, die am Ende durch einen weder besonders emotionalen noch originellen Monolog vergeben und vergessen gemacht werden soll. Alle Beteiligten, ob Familie, Freunde oder Verlobte, verzeihen ihm seine „kleinen“ Fehler und Macken, und so schafft es ein Film einmal mehr, einen verlogenen und durchtriebenen Mann als völlig okay hinzustellen. Eine filmische Bankrotterklärung in Sachen Moral und Geschlechterverhältnisse.

Dass das Ganze dann nicht einmal unterhaltsam oder witzig daherkommt, setzt dem Stuss noch die Krone auf. Lahme Gags, die sich um verkorkste Dialoge oder seltsames Verhalten drehen, bleiben schon an sich Mangelware, können dann aber auch kaum einmal ein Schmunzeln hervorlocken. Die Figuren bleiben austauschbar und, ebenfalls eine bewährte Genre-Tradition, viele Sequenzen hanebüchen und beinahe absurd unglaubwürdig, wenn selbst das abstruseste Verhalten mit kaum mehr als einem Schulterzucken quittiert wird. Hier gibt es den gesamten Film über nicht eine einzige neue oder originelle Idee.

„Valentino“ ist ein echter Rohrkrepierer auf voller Länge. Müde Witzchen, schwachsinnige Handlungsentwicklungen, flache, uninteressante Charaktere und eine mehr als fragwürdige Moral lassen den Film zu einem oberflächlichen und sterbenslangweiligen Machwerk verkommen. Die technisch souveräne Umsetzung und eine Handvoll gelungener Bilder retten da weiß Gott nichts mehr. Wer lachen oder etwas über Vorurteile und Klischees lernen will, ist hier definitiv im falschen Film.

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