Review

Rape 'n' Romance

Jean Renoir - wenige Regisseure in der Geschichte des Kinos haben so einen magische Handschrift. Seine Filme sind recht realistisch & menschlich, aber trotzdem wahrhaft fantastisch. Sein "Rules of The Game" kann durchaus als bester Film aller Zeiten genannt werden. "A Day In The Country", welcher mir nun übe die neue Criterion Blu-ray zugänglich wurde, ist nur 1/3 von einem üblichen Film, zumindest in seiner Lauflänge. Und trotzdem den meisten seiner Langfilmkollegen überlegen. Worin liegt also die besondere Magie & Stimmung dieser Geschichte? Eine eigentlich so simple Geschichte über eine Pariser Oberschicht-Familie, die einen teilweise sonnigen Tag für einen Ausflug an einen idyllischen Fluss nutzt & dort von zwei Burschen mehr oder minder verführt wird. So kurz, so einfach, so leicht - und doch enthält das für damalige Verhältnisse recht experimentelle Werk irgendwie das ganze Leben!

Um seine ganze Vielfalt in ein Review zu packen, ist eigentlich viel zu wenig Zeit & Platz, nicht umsonst findet man im Netz sogar ein Uni-Projekt, in dem jede Minute des Films von jeweils einem Student analysiert wird. Aber das nur als faszinierende Randnotiz über "Eine Landpartie". Wenn Freunde mich nach einem faszinierenden Regisseur fragen, den nicht jeder kennt, den es lohnt kennen zu lernen - Renoir ist meist meine Antwort! Und wie er im Vorwort sagt, war dieser Kurzfilm auch tatsächlich als solcher geplant & weicht damit sicher weniger von seiner Vision ab, als man lange Zeit dachte. Er konnte ihn nämlich nicht mehr ganz selbst zu Ende bringen, hätte ihn gerne als Teil einer Anthologie oder Ähnlichem gesehen.

Für mich verkörpert der Film trotz seiner enormen Naturharmonie ebenfalls starke Gegensätze & Disharmonien. Er ist besonnen & ruhig, aber auch aufwühlend & traurig. Er beinhaltet eigentlich nur einen Tag, aber doch die Traurigkeit eines ganzen Lebens. Er spielt unverkennbar vor einem Jahrhundert, ist in seiner Aussage aber auch in hundert Jahren noch aktuell. Er hat überzeichnete Clowns als Charakter, genauso wie realistische Schlawiner & Romantiker. Er ist wunderschön, aber irgendwie auch verstörend. Er ist traurig realistisch bis kitschig romantisch. Er ist frei von Sex wie es sich zu dieser Zeit gehörte, aber auch vollkommen voller sexueller Energie. Der netteste Charakter kann zu einer Art Halb-Vergewaltiger werden - und die junge Frau kann ihn dafür sogar auch noch lieben. Aber vor allem zeigt er eins: wie sehr auch ein noch so kleiner Moment oder Tag, unsere weiteren Gedanken infiltrieren kann & wie wichtig es ist, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Damals war das sicher noch schwieriger als heute. "Partie de Campagne" verzaubert auch Anti-Romantiker, ohne das diese es wirklich merken. Und das er technisch auf höchstem künstlerischen Niveau ist, steht auch außer Frage. So gut wie ein Langfilm, und daher auch den normalen Preis wert. 

Fazit: ein durch & durch französisches wie menschliches Kleinod, welches mal wieder unterstreicht, dass Renoir einer der Größten war & es nicht auf die Länge ankommt!

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