Review

Amasia 

Was Walt Disney kann, können die Italiener doch schon lange... Zumindest dachten sie das Mitte der 70er, als man ganz unverblümt „Allegro Non Troppo“ erschuf, eine Art „Fantasia“ für Erwachsene. Sozialkritischer, düsterer, trister, trauriger. So zumindest der Gedanke... Zusammengehalten von einer chaotisch-bescheuerten Rahmenhandlung (in schwarz-weiß) um ein Orchester voller in die Jahre gekommener Damen und einen zum Job gezwungenen Zeichner, der die gespielte klassische Musik malerisch interpretieren muss, sehen wir mehrere animierte Episoden voller fantastischer Formen, Farben und Fabeln. Von einer speziellen Version der Menschheitsgeschichte mit marschierenden Dinos bis hin zu einem sexuell verbitterten Zentauren (?) umgeben von nackten Naturschönheiten... 

Parodie, Antwort, Satire, Kritik. Disney und seine klassische Verbindung von Musik und Film müssen hier ganz schön einstecken. Jedoch ohne dass Bozzettos Werk wirklich böse oder gar unsympathisch wird. Die Musik von Debussy bis Stravinsky ist über jeden Zweifel erhaben, bekannt, ikonisch; die animierten Kurzgeschichten sind inhaltlich definitiv gehaltvoller als optisch; die Rahmenhandlung war für meinen Geschmack eher daneben als wirklich lustig, immerhin fein aufgelockert durch „Crossovers“ bei denen gezeichnete Figuren in die reale Welt „fließen“. Doch das Gesamterlebnis stimmt. Subversiv, anarchistisch, naiv und spontan. Irgendwie typisch italienisch. Leicht nervig mitunter aber mit dem Herz da, wo es sein muss. Rebellisch. Ich würde ihn sogar fast dem Disney-„Vorbild“ vorziehen. Beide sind bedeutende Trickfilme, interessant und fordernd, jedoch eher beeindruckend als unterhaltsam. Die Töne und Visuals in Kombination haben auf mich in beiden Fällen eine leicht einschläfernde Wirkung. Magie, Langeweile oder Kunstbanausie? Wer weiß. Ich bewundere „Allegro Non Troppo“ eher als ich ihn mag. Wichtig, wirr, waghalsig. Visionär sicher auch. 

Fazit: zeigt der Maus eine lange Nase... „Allegro Non Troppo“ ist das reifere Kunstwerk. Ein relativ hübscher, psychedelischer Trip mit Sogwirkung und Alleinstellung. Eine vergessene Perle der Musik sowie des animierten Films. Fantastische Fusion. Teilweise jedoch mit Hängern, keiner allzu ausgefeilten Optik und gewöhnungsbedürftigem Italia-Slapstick, der nicht immer zieht und oft drüber ist. Dennoch: ein echter, europäischer Herausforderer für „Fantasia“. 

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