Unaware
Wie viele andere Filme zur Zeit auch, setzt "Unaware" ganz auf die Found Footage Optik. Entweder man hasst es, oder nicht - unter'm Strich wurde schon oft genug darüber diskutiert. Genauso wie es im "normale" gedrehten Film gute und schlechte Exemplare gibt, gibt es diese auch im Wackelkamera Genre ... und "Unaware" gehört leider zu den Schlechten seiner Zunft...
Doch woran liegt das? Der Trailer versprach einen gut funktionierenden Alien-/ Run'n'Hide Film, irgendwo zwischen dem großartigen und zu Unrecht in Vergessenheit geratenen "Alien Abduction: Incident In Lake County" und moderneren Found Footage Filmen á la "Evidence". Und was bekam man an "Spannung"? Zu 99% die Szenen, die schon im Trailer zu sehen waren, plus 70 (!) Minuten pure und hochkonzentrierte Langeweile.
Es ist ja meistens so, dass diese Art von Filmen oftmals recht langweilige Passagen haben. Kommt jedoch langsam der Thrill auf, dann entwickelt sich das Ganze zu einem recht intensiven Filmerlebnis. Doch es ist wirklich so, dass in den ersten 30 Minuten gar nichts passiert, dann 5 Minuten etwas, danach 20 Minuten nichts, dann 10 Minuten etwas und danach schon das Finale kommt.
Zunächst sehen wir unserem Pärchen beim 8 minütigen Dialogdump im Auto zu und es interessiert nicht. Sobald sie auf der Farm ankommen, gehen sie pennen, ehe der Typ nachts Geräusche aus einem Schuppen nahe des Waldes hört. Was man jetzt als Anreiz dazu nutzen könnte, frühzeitig Atmosphäre aufzubauen und dem Zuschauer dadurch einen guten und spannenden Film zu kredenzen, wird durch kilometertiefe Logiklöcher verwässert. Denn unsere Protagonisten brechen den Schuppen auf und finden irgendwelchen Militärkram, samt eines Funkgerätes, welches schon längere Zeit zu laufen scheint (daher die Geräusche). Und so laufen sie mit Taschenlampe bewaffnet in die letzten Ecken des Schuppens ehe ...
... Schnitt - es ist Tag. Die Freundin bekam nachts im Schuppen Schiss und sie wollen das Armeearsenal lieber am Tag begutachten. Ratet zu welcher Tageszeit sie den Schuppen erneut betreten? Mitten in der Nacht. Und wieder ein Schnitt, ehe die ganze Chose wieder von vorne beginnt.
Nachdem man in Nacht Nummer 2 UFO Akten gefunden hat (klingt jetzt schon spannender als es im Film umgesetzt wurde) bricht man in Nacht Nummer 3 (völlig logisch wenn man im Schuppen Beweisstücke eines UFO Absturzes vermutet) eine Art Wandschrank auf. Wer jetzt noch Bock hat sich den Film anzuschauen oder nach dem Trailer bzw. der Inhaltsangabe noch überrascht wäre, befände sich ein Alien darin, sollte jetzt lieber zum letzten Abschnitt meiner Kritik springen.
... Auf jedenfall brechen sie den Wandschrank auf, der Typ bittet seine Freundin mit der Taschenlampe reinzuleuchten und drin sitzt ein Typ mit Faschingsmask - 'tschuldigung - drin sitzt der Alien! Tja, ich gebe zwar zu kurz zusammengezuckt zu sein, doch sobald man nach 2 Milisekunden Schockstarre, begründet durch das ohrenbetäubende Gebrüll der Freundin, die Lächerlichkeit der Kreatur schon erkannt hat, ist auch der letzte Rest von Spannung oder Hoffnung auf einen (vielleicht) guten, restlichen Filmverlauf dahin.
Außerdem fragt man sich jetzt eines: wir haben die UFO Akten gesehen und wissen, dass der UFO Absturz samt Leichenfunde 1976 stattfand. Wir wissen auch, dass der Film 2010 gedreht wurde. Warum zur Hölle schafft ein Soldat ein Alien in seinen Schuppen direkt vor seinem Haus, wenn man diesen ohne großartige Mühe aufbrechen kann? Warum pflanzt er das Vieh in eine Art Wandschrank bzw. großen Koffer? Warum kann sich ein Wesen, welches Millionen Lichtjahre entfernt geflogen sein muss und einen UFO Absturz überlebt hat, nicht aus einen verdammten Koffer befreien?! Sind wir hier in "Signs", wo die Aliens Probleme mit Speißekammertüren hatten? Was aß das grüne Ding aus dem Koffer so in den letzten ... 44 Jahren? UND WARUM ZUR HÖLLE RENNEN UNSERE PROTAGONISTEN EINFACH WEG OHNE AUCH NUR DRANZUDENKEN DEN FUCKING SCHUPPEN ODER DIE HAUSTÜR IHRES HAUSES WIEDER ABZUSCHLIESSEN? Wieso bleiben sie - trotz Auto - noch eine Nacht auf der abgelegene Farm? Wieso fasst der Typ erst in der darauffolgenden Nacht (!!!) den Mut, nochmal im Schuppen nachzuschauen? War ihm verdammtes Tageslicht nicht gut genug um ein unbekanntes Wesen zu finden? Warum findet der Angriff des Aliens erst in der zweiten Nacht nach seinem Fund statt? Würde sich ein gefangenes, denkendes Wesen wirklich zwei Tage lang am Ort seiner 44 Jahre andauernden Gefangenschaft aufhalten? Warum flüchten unsere Protagonisten in der Zwischenzeit nicht? Warum rufen sie nicht die Polizei ... achso, ja ... stimmt ... sie wollen ja nicht dass diese ihnen den Militärscheiß des Großvaters in der Hütte konfiszieren. Aber Hauptsache sie werden danach von Gummi-E.T. verhackwurstet...
Soviel Blödheit, soviel Schwachsinn und soviel Enttäuschung ist praktisch nicht erklärbar, wenn man dieses filmische Logikvakuum nicht selbst gesehen hat. Vielleicht wundern euch meine 3 Punkte, aber die kommen einfach daher, dass ich 2 Jahre auf das Release dieses Filmes gewartet habe und in der ersten halben Stunde noch so etwas wie Vorfreude empfunden habe. Doch alles was danach geschehen ist, lässt mich wirklich an der Menschheit zweifeln. Es gibt viele gute (Alien) Found Footage Filme und wer Interesse an diesem Rotz hat, sollte sich lieber die "Eylandt Recherche", "Incident In Lake County", "Evidence", oder "Atrocious" antun. Diese hatte wenigstens den Hauch einer Daseinsberechtigung...
3/10