... die im Winter vor 60 Jahren mit Ostpreußen das erste deutsche Territorium eroberte. Seine Reise durchs Land stellt erschütternde Bilder neben Zeichen der Hoffnung.
Seit dem Zerfall der Sowjetunion ist der russische Teil des früheren Ostpreußens wieder eine Enklave, eingeschlossen von Litauen und Polen. Zwischen den beiden aufstrebenden neuen EU-Mitgliedern ist die russische Region eine Insel der Armut geblieben. Kaliningrad, früher Königsberg, ist noch auf der Suche nach einem Weg in die Zukunft. Dirk Sager, 17 Jahre Korrespondent des ZDF in Moskau, hat mit seinen beiden Drehreisen nach Kaliningrad im Sommer 2004 und im Winter 2004/2005 Abschied genommen von Russland.
Der ehrwürdige Dom lag noch in Trümmern, die Ruine des Schlosses war abgeräumt, da beschlossen die sowjetischen Stadtväter von Kaliningrad, im historischen Zentrum des alten Königsberg einen fortschrittlichen Akzent zu setzen. Ein Hochhaus sollte gebaut werden, gleichsam als sowjetischer Griff nach dem ostpreußischen Himmel. Seit 20 Jahren steht die Bauruine mitten in der Stadt, ein verfallender Gigant aus Beton. Unfreiwillig erfüllt er dennoch seinen Zweck als nicht zu übersehendes Mahnmal für sowjetische Misswirtschaft und brutale Architektur.
Der schönste Platz in Köngisberg ist zweifellos auf dem Dach dieser Ruine, wo man den Koloss selbst nicht sieht, aber der Blick weit über die Stadt bis ans Haff reicht. Das alles war Schlachtfeld in jenen Tagen im April 1945, als das alte Königsberg unterging. Wenig ist davon geblieben im doppelten Jubiläumsjahr der Stadt: 60 Jahre nach der Eroberung durch die Rote Armee und 750 Jahre nach ihrer Gründung durch deutsche Ordensritter.
Ob und wie man dieses Gründungsjubiläum feiern soll, darüber wird heftig gestritten zwischen der Regierung in Moskau und den Vertretern vor Ort. In der Hauptstadt dominierte bisher die Besorgnis, die Kaliningrader könnten zu sehr auf Distanz gehen zum Mutterland. Bei der russischen Bevölkerung im ehemaligen Ostpreußen erwächst ein neuer Lokalpatriotismus, der sich der Tradition vergangener Jahrhunderte bewusst ist.
Noch viel mehr als die Stadt Kaliningrad braucht das Gebiet des nördlichen Ostpreußen neue Impulse.
Quelle: DasErste.de