Le porte del silenzio (1991)
Das ist er also, der sagenumwobene, letzte Film von Lucio Fulci. Sagenumwoben, weil ihn offensichtlich nur wenige Leute gesehen haben (die amerikanische DVD erschien erst Juni 2009). Andererseits glaube ich nicht, dass ihn so viele Leute überhaupt sehen wollen.
Fulcis Abstieg begann Anfang der 80er, kurz nachdem er einige all time-classics ablieferte wie „The Beyond“ und „The New York Ripper“. Für manche begann der Niedergang schon 1982 mit „Manhattan Baby“, für manche mit „The New Gladiators“ oder auch mit „Murderock“.
Jedenfalls folgten schnell so erbärmliche Heuler wie „Aenigma“, „Demonia“ oder so umstrittene Werke wie „Nightmare Concert“.
Was diese Filme gemeinsam hatten, war der Gore-Gehalt, der Sadismus, generell, die selbstzweckhafte Gewalt, schlechte Schauspieler, die lustlose Inszenierung, etc.
Nicht alle Filme dieser Zeit waren Katastrophen, aber der Vergleich mit früheren Meisterwerken unterstrich nur die Schwächen dieser Werke.
Viele fragten sich, ob Fulci vielleicht geliefert war, ohne die Hilfe von Profis, wie Make Up- Artist Giannetto de Rossi, Kamermann Sergio Salvati, Autoren wie Roberto Gianviti (der vier exzellente Gialli mit Fulci schrieb) oder Dardano Sacchetti, Komponisten wie Fabio Frizzi, Walter Rizzati oder Pino Donaggio. Denn all diese Künstler arbeiteten ab Mitte der 80er Jahre nicht mehr mit Fulci (bis auf Frizzi, der 1990 den Soundtrack zu „Nightmare Concert“ beisteuerte).
War Fulci also schon immer auf gute Mitarbeiter angewiesen? Und wenn schon, wer ist das nicht? Autorentheorie hin oder her, es ist schwer, als Regisseur was Vernünftiges zustande zu bringen, wenn man mit Trotteln zu tun hat (und zudem noch über null Budget verfügt). Apropos Trottel- Fulci hatte bei den Dreharbeiten zu „Zombi 3“ mit Bruno Mattei und Claudio Fragasso zu tun, die den Film auch fertig drehten.
Außerdem wurde „Le porte del silenzio“ von Joe D’Amato produziert, und kennt den Film irgendwer?
In einem Interview erwähnte Fulci, dass D’Amato eine Assistentin hatte, die ihm geraten hatte, Fulcis Namen im Vorspann durch einen amerikanischen zu ersetzen. Und so wurde aus Lucio Fulci H. Simon Kittay, einer der dümmsten Pseudonyme aller Zeiten…
Nun zum Film: „Le porte del silenzio“ spielt in Louisiana, New Orleans, genau wie „The Beyond“. Es geht um Melvin Devereux (John Savage), ein Immobilienmakler, der das Grab seines Vaters besucht. Schließlich macht er sich auf den Weg nachhause zu seiner Frau. Doch so einfach ist das nicht. Umleitungen, Sackgassen erschweren ihm den Weg, sowie ein Leichenwagen, der ihm permanent auf die Pelle rückt. Außerdem scheint er von einer Frau verfolgt zu werden, die vorgibt ihn zu kennen- und der Leichenwagen transportiert seltsamerweise den Sarg eines Melvin Devereux.
„Le porte del silenzio“ ist ein sehr ungewöhnlicher Film für Fulci, vor allem für seine letzte Schaffensphase. Vor allem ist es ein sehr persönlicher Film. Fulci schrieb das Drehbuch allein, was selten genug vorkam (z.B. bei „When Alice broke the mirror“). Die Geschichte ist, wie ein imdb-Rezensent anmerkt, eine Variation von „An Occurance at Owl Creek Bridge“ von Ambrose Bierce (typisch für Fulci, dass er sich an den Klassikern orientiert). Wer die Geschichte kennt, weiß, dass sie sich nicht unbedingt für einen 90-Minuten-Spielfilm eignet, da sich ja alles auf die Pointe konzentriert. Das ist auch das Problem des Films, das Drehbuch, das einfach nicht viel hergibt, im Übrigen ein Problem bei vielen Fulci- Filmen (vor allem aus den 80ern).
Aber hier fällt es nicht so groß ins Gewicht, denn die Inszenierung ist wunderbar flüssig und bietet einige tolle und surreal anmutende Aufnahmen von Louisiana, wunderbar eingefangen von Kameramann Giancarlo Ferrando (kaum zu glauben, dass er an solchen Filmen wie „Troll 2“ beteiligt war!). Wir sehen endlose Straßen, und verlassene Städte, seltsame Gestalten und einen Helden, der tiefer und tiefer in ein Geheimnis vordringt, das so unvermeidbar wie schrecklich ist.
Fulci weiß, sein Setting zu nutzen, und das Übrige so minimalistisch wie möglich einzusetzen. Der jazzige Soundtrack von Franco Piana (sein einziger Score!) ist stimmig, und die wenigen Schauspieler, allen voran Savage, fügen sich perfekt ein. Da ist kein Overacting, aber auch keine Gesichtsstarre, einfach nur solides Schauspiel (vgl. „Demonia“).
Natürlich ist der Film vorhersehbar, aber hier geht es auch nicht um Überraschungen. „Le porte del silenzio“ zeigt nichts anderes als das Unvermeidbare, bis zur letzten, logischen Konsequenz. Es ist ein düsterer, traumähnlicher Film, gänzlich frei von der übertriebenen Gewalt, die Fulcis letzte Filme auszeichnet, gleichzeitig ein Film der Bilder, genau wie Fulcis beste Horrorfilme.
„Le porte del silenzio“ ist Fulcis letzter Film, ein wahrlich würdiger Abschluss einer wechselhaften Karriere.