1972 war ein aufregendes Jahr für den Regisseur Lucio Fulci. Sein Krimi "Don't Torture a Duckling" verärgerte die katholische Kirche und nach dem, ebenfalls in diesem Jahr uraufgeführte, "Der lange Schwarze mit dem Silberblick" zog den Zorn eines italienischen Politikers nach sich, der sich verhohnepiepelnd porträtiert sah. Wohl zu recht: Fulcis Sexklamotte ist eine ziemlich offensive, wenig subtile Satire auf die Scheinheiligen in Politik und Religion - ohne dabei allzu tiefsinnig, lustig oder erotisch zu sein.
Der Film blickt auf die Zeit kurz vor der Staatspräsidentschaftswahl Italiens. Zwei Senatoren geben sich einen – eigentlich schon entschiedenen – Wahlkampf. Der unterlegene Torsello hat nicht das lupenreine, anständige Image, wie sein Konkurrent Gianni Puppis. Doch Puppis ist eigentlich nur eine leere, nahezu emotionslose Marionette der katholischen Kirche, die ihn Anständigkeit, Ehrbarkeit und besonders eins lehrte: Jungfräulichkeit. Doch Puppis' unterdrückte Sexualität führt zu krankhaften Ausbrüchen. Als Puppis selbst in aller Öffentlichkeit seine Hände, die automatisch nach Frauenpopos grabschen, nicht mehr unter Kontrolle halten kann, muss sich der Politiker in Behandlung geben. In einem Frauenkloster unter der Leitung des deutschen Geistlichen Vater Scirer soll er seine Fleischeslust in den Griff bekommen. Vollkommen geheilt wird er in dem Kloster, in dem er konstant den jungen, attraktiven Nonnen nachstellt nicht – im Gegenteil…
Die Grundidee der verselbstständigten Finger, die nach jedem Allerwertesten zielen, ist schon ziemlich albern und debil. So wundert man sich nicht, wenn Fulci hier keine intelligente Politsatire spinnt, sondern lediglich komödiantische, nicht gerade aufreizende Sexszenen hintereinander weg dreht ohne allzu sehr Gewicht auf die recht treffend beobachteten Wirrungen zwischen Politik, Religion und Mafia zu legen. Die absurde Scheinheiligkeit der Politiker wird nur in wenigen Wortspielereien wirklich humoristisch dargestellt. Der Großteil des Films besteht aus Puppis' Tagträumen von nackten Frauen und allgegenwärtigen sich ihm entgegenstreckenden Hinterteilen.
Die Aggressivität, mit der Fulci, Kirche und Mafia gleichstellt, mit der er den katholischen Priestern jegliche Redlichkeit abspricht, ist überraschend. Umso überraschender ist, dass er diesen explosiven, satirischen Stoff durch die oben erwähnten, permanenten Sleazemomente abschwächt. Durch Szenen, in denen der durch simple Erotikfilme bekannte Lando Buzzanca von einem unter freiem Himmel stehenden Krankenbett zum nächsten springt, um apfelförmige Luftballons so lange zu drücken, bis sie unter dem lauten Geräusch einer erschreckt aufstöhnenden Frauenstimme zerplatzen, verwässert Fulci seine Ernsthaftigkeit in Bezug auf seine Verachtung der Bigotterie der Katholiken. Etwas mehr Konstanz und Inhalt in seinem Vorhaben wäre mehr als wünschenswert gewesen.
Was bleibt ist eine wenig unterhaltsame, da viel zu albern geratene Erotiksatire. Wo weder Soundtrack noch Kameraarbeit herausstechen, mag man schnell dieses weder sinnliche noch humorvolle Sleazeprodukt vergessen. Kaum eine interessante Szene bewerkstelligend, ist "Der lange Schwarze mit dem Silberblick" sicherlich eine der schwächsten Arbeiten des italienischen Vielfilmers Lucio Fulci.