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„L.A. Confidential“ ist episches Thrillerkino im Stile von Klassikern wie „Der Pate” oder „Chinatown”. Leider trat dieser brillante Film bei der Oscar-Verleihung gegen „Titanic“ an und musste sich mit lediglich zwei Oscars zufrieden geben.
Ein stimmungsvoller Vorspann führt ins L.A. der 50er Jahre. Sensationsreporter Sid Hudgens (Danny DeVito) umreißt kurz die Situation: In der Stadt der Engel blüht das Showbiz, die Wirtschaft ist gestärkt und der Kopf des organisierten Verbrechens in der Stadt, Michael Cohen, wurde vor kurzem verhaftet.
In diesem traumhaften Stadium stellt „L.A. Confidential“ dem Zuschauer drei Polizisten vor, die alle unterschiedliche Auffassungen vertreten. Bud White (Russell Crowe) ist ein bulliger, von seinen Kollegen etwas unterschätzer Schlägertyp mit außerordentlichem Gerechtigkeitssinn. Er setzt sich auch über Vorschriften hinweg, um den Benachteiligten zu helfen, vor allem Frauen wie dem Callgirl Lynn Bracken (Kim Basinger). Jack Vincennes (Kevin Spacey) ist hingegen vor allem auf seinen Vorteil bedacht: Er genießt es in der Öffentlichkeit zu stehen (so darf er auch den Hauptdarsteller einer Polizeiserie coachen). Hierzu arbeitet er oft mit dem sensationslüsternen Sid zusammen. Ed Exley (Guy Pearce) ist ein ehrgeiziger und vorschriftbewusster, junger Cop, der in die Fußstapfen seines Vaters treten will. Die Schauspieler sind die Idealbesetzung für diese Grundtypen der Filmcops.

Eine Feier am Heiligabend bringt die drei zusammen: Ein paar Mexikaner haben einige ihrer Kollegen verprügelt und dafür soll Rache geübt werden. Als sich die Polizisten, allen voran Buds Partner Stensland, auf die Mexikaner stürzen, sind Reporter zugegen. Die Sache wird publik und Köpfe sollen rollen. Ed sieht seine Chance und denunziert seine Kollegen gegen Beförderung; Jack kann via Erpressung zur Aussage gegen die Kollegen gezwungen werden; Bud bleibt standhaft und wird suspendiert. Doch seine Verschwiegenheit imponiert seinem Vorgesetzten Dudley Smith (James Cromwell). Bud arbeitet von nun an bei einer zwielichtigen Abteilung, die ortsfremde Gangster in L.A. verprügelt und sie aus der Stadt fernhält. Doch als der wegen der Affäre gefeuerte Stensland bei einem Massaker ums Leben kommt, geraten alle drei in einen gewaltigen Sumpf aus Macht, Moral und Korruption.
Die Handlung von Curtis Hansons „L.A. Confidential“ ist dermaßen komplex, dass sie bei mehrmaligen Ansehen immer noch mit ihren Wendungen überraschen kann. Eine derart geniale Mischung aus Unterhaltung und Anspruch hat es seit „Der Pate“ nicht mehr gegeben.
Die Handlung ist im positiven Sinne verworren und besteht aus vielen kleinen Einzelsträngen, die nach und nach zusammenlaufen. Die Geschehnisse werden immer klarer, immer konkreter bis sich die Ereignisse überschlagen und es zu einem furiosen Finale kommt. Das märchenhafte, aber nicht kitschige Ende hält zudem einen verdammt schönen und sehr einprägsamen denkwürdigen Spruch bereit.

Wie bereits gesagt, die Darsteller sind die Idealbesetzung. Russell Crowe spielt den auf eine ganz besondere Art bewundernswerten Bud mit einer Mischung aus Wut, Reue und Ehrgefühl, die immer kurz vor einer Explosion zu stehen scheint. Ebenso ambivalent sind die beiden anderen Protagonisten: Kevin Spacey hebt Jack Vincennes’ Arroganz genauso hervor wie dessen Brillanz und Guy Pearce gibt einen Ed Exley bei dem man nie weiß, ob man ihn für sein Denunziantentum oder für sein Pflichtgefühl lieben soll. Kim Basingers Nebenrollen-Oscar für die Darstellung der unnahbaren Lynn ist verdient. Auch die weiteren Nebenrollen sind großartig besetzt und spielen sehr gut.
Das Drehbuch stammt von Brian Helgeland (der dafür ebenfalls einen Goldjungen kassieren durfte). Dieser bewies sein Gespür für Spannung bereits bei Richard Donners „Assassins“. Auf dem Regiestuhl nahm Curtis Hanson Platz, der sich bereits mit Filmen wie „Die Hand an der Wiege“, „Bad Influence – Todfreunde“ und „Am wilden Fluss“ als Spannungsmeister erwiesen hatte. Doch „L.A. Confidential“ ist und bleibt sein Meisterstück: Jedem Bild ist die sichere Regie anzumerken und der Zuschauer kann förmlich in die Atmosphäre eintauchen.
Das 50es Flair wird bei „L.A. Confidential“ sowieso groß geschrieben: Fantastische Kulissen und ein passender Score runden den Gesamteindruck ab. Dabei harmoniert die Musik immer mit dem Flair und dem Erzähltempo des Films ganz wie die großen Epen unter den Filmklassikern.

Auch als Literaturverfilmung funktioniert „L.A. Confidential“ dabei brillant, denn James Ellroys weitaus komplexere und noch pessimistischere Vorlage musste bei einer Länge von über 500 Seiten verständlicherweise gekürzt werden, um auf Spielfilmformat zu kommen. Doch „L.A. Confidential“ lässt sinnvoll weg, sodass keine Lücken entstehen und gestaltet einige Stellen um, sofern es besser zum Medium Film passt. So gibt es die bekannten Rollo Tomasi Szenen im Buch gar nicht, die amüsante Szene mit Exley, Johnny Stompanato und Lana Turner ist auch eine Erfindung Helgelands etc. Doch für Kenner des Buches gibt es Insidergags wie das Zeigen von Mickey Cohens Bulldogge, den Spruch über den Magen der Woche usw.
Auch das wuchtige, kathartisch wirkende Finale, ein Shoot-Out im Victory Motel zur Beendigung des Falles, kommt im Buch nicht vor, übernimmt aber Motive aus zwei Szenen des Romans. Besagter Showdown ist inszenatorisch eine Meisterleistung, aber wie alle Konfrontationen des Films kein Selbstzweck. Nie übertrieben, sich stets aus der Handlung ergebend, doch dafür umso kraftvoller.

Ein wahrhaftiges Kinojuwel, dass Hochspannung, eine komplexe Story und Anspruch sowie perfekt ausgearbeitete Charaktere zu einem cineastischen Meisterstück verschmilzt und das Zeug zu einem Klassiker hat.

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