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Dracula braucht frisches Blut, das von Jungfrauen. Also reist er mit seinem Diener Anton nach Italien, immerhin sollten bei den streng religiös eingestellten Leuten dort passende junge Damen en masse herumlaufen. Doch der Graf hat sich verrechnet. In dem (offiziell) von Paul Morrissey inszenierten Film sieht sich der schwächelnde Blutsauger nicht nur mit dem Verlangen nach dem roten Saft konfrontiert, sondern auch mit dem Aufstand der Arbeiterklasse gegen die Aristokratie. Angesiedelt in den 1920er Jahren sind die Verweise auf den Klassenkampf wenig subtil, teils anstrengend forciert. Das Thema zieht sich durch den ganzen Film, in welchem sich Dracula auf dem Landsitz einer italienischen Familie einnistet und die Töchter des Hauses für seine Zwecke taxiert. Dass diese mitunter alles andere als keusch mit dem marxistischen Mario in die Kiste hüpfen steht seinen Bedürfnissen im Weg.

Morrissey inszeniert diese Variante einer Vampirgeschichte recht eigen. So ist das Herumlaufen am helllichten Tag kein großes Hindernis, dafür fokussiert sich der Mythos hier auf das Blut der Jungfrau, die so beschriebene Reinheit, die das Verderbte am „Leben“ hält. Auch hier sind die Parallelen zu mancher Ideologie offensichtlich, wenn es um die Ausbeutung, wortwörtlich das Blut der Beherrschten geht. Nicht nur wegen dieser Ebene ist „Blood for Dracula“ ein untypischer Vertreter seiner Art, so richtig ernst nehmen mag man das ganze Werk nicht. Je nach Quelle war die Entstehungsgeschichte recht planlos, was den wenig gelungenen erzählerischen Bogen erklären mag. Dieser macht dennoch auch einen Teil der Faszination aus, die der Film durchaus besitzt. Darstellerisch ist das oft hölzern, wobei sich Udo Kier als Titelfigur mehr auf sein Charisma denn sein schauspielerisches Talent verlassen kann, während von anderen Beteiligten eher die Physis in Erinnerung bleibt. 

Dracula selbst ist kein ehrfurchtgebietendes Wesen, eher ein Junkie auf der Suche nach sauberem Stoff und so verhält er sich auch. Dazu gesellt sich sein merkwürdiger Diener Anton, Arno Juergings Spiel kann man schwerlich ernst nehmen und mit dieser Tonalität sollte man sich möglichst arrangieren.
Gut weg kommt hier nahezu keine Figur. Es ist ein Panorama kurioser bis unsympathischer Gestalten und besonders mag man da auf Mario blicken, der eben nicht der Held der Geschichte ist, sondern ein vergewaltigender Vollarsch. Er verkörpert nur ein anders ausgelebtes Grauen als das, was per Vampir transportiert wird. Bleibt man bei der Betrachtung aus einem politischen Blickwinkel, so löst er mit seinem Handeln nur eine Form der Unterdrückung durch eine andere ab. Die Methoden sind anders, am Herrschen und den Zuständen für den Rest ändert sich dadurch nichts, was gerade im Hinblick auf seine Revolutionsideen recht interessant ist. Vielleicht überschätze ich hier die Intentionen des Skripts aber auch maßlos.

Zwischendurch und auch gerade zum Ende hin liefert das Werk das dem Grundthema immanente Blut, da darf sich „Blood for Dracula“ etwas austoben und lässt auch mal die Extremitäten fliegen. Ansonsten bietet man hier einiges an nackter Haut, wobei das Softcore-Gerammel ziemlich unsexy bebildert und anatomisch fragwürdig ausgeführt wird. Fragwürdig ist ebenfalls die eingebrachte Vergewaltigungsthematik und das Frauenbild selbst. Man mag ob der Wahrnehmung durch die Figuren und der Konsequenzlosigkeit streiten, ob der Film das letztlich parodiert. 

„Let me go home and die in peace.“

Hübsch fotografiert liefert „Blood for Dracula“ eine interessante Sichtweise auf ein Spiel ideologischer Gegenpole, welche es dem bekannten Mythos überstülpt. Doch auch abseits dessen bietet der Film mit seinem Junkie-Vampir auf Entzug, der faszinierend eigenartigen Atmosphäre und der nicht zielsicheren Inszenierung einen gewissen Unterhaltungswert. Den er mit manch fragwürdigen Entscheidungen und den fast ausnahmslos unsympathischen Figuren untergräbt. Darstellerisch ist das ungelenk bis okay, Udo Kier ist als untypischer Dracula sehenswert. 
Sicherlich nicht der beste Film, in welchem er mitwirkte, aber dennoch einer, den er bereichert hat. RIP.

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