2013 war das Jahr der Psychpoathenprequelserien, sowohl Hannibal Lecter als auch Norman Bates bekamen jeweils eine Serie spendiert, die ihre Anfänge beleuchten sollten bzw. bis zur Handlung der bekannten Filme vorstossen sollten. Im Vorfeld beide Serien mißtraische verachtend, konnte ich schließlich auf Grund der positiven Rezeption nicht umhin, mir doch ein Bild beider Serien zu machen. Hier nun das Review zu Bates Motel:
Normen Bates und seine Mutter Norma Bates haben gerade frisch ein Motel inkl. dahinterliegendem Herrenhaus in einem abgelegenen Kaff gekauft. Während sie versuchen, in diesem Ort anzukommen, werden sie immer stärker in das merkwürdige Treiben dieser Kleinstadt hinein gezogen. Als dann auch noch Normens Halbbruder auftaucht - ein aus bisher unbekannten Gründen bei Norma in Ungnade gefallener Sohn - gerät das idyllische Beisammensein von Mutter-und-Sohn völlig aus den Fugen. Und es kristallisiert sich immer stärker heraus, dass diese Mutter-Sohn-Beziehung sehr stark ungesunde und unausgesprochen sexuelle Aspekte vorzuweisen hat. Hinzu kommt, dass Normen immer stärker werdende psychische Aussetzer hat.
Im Prinzip ist das grob der Klappentext für die komplette Serie, und wenn man ehrlich ist, so hat die Serie nicht genug Material, um 5 volle Staffeln zu rechtfertigen. Und das wissen auch die Macher der Serie, denn das was einem aufgetischt wird, ist teilweise derart mit seltsamen Handlungsverläufen und überhaupt -Ideen vollgestopft, vor allem in den ersten drei Staffeln, dass man immer wieder das Gefühl hat, man hätte es mit einer Young Adult Krimi-Serie für Teenager zu tun, die irgendwie mit Gute Zeiten Schlechte Zeiten gepaart ist, hinzu kommen immer hysterischer und unsympathischer werdende Protagonisten, dass es schon schwer ist, die ganze Sache als was anderes wahrzunehmen als als Trash.Dennoch, wenn man genauer hinschaut, so erkennt man sehr Wohl das Handwerk der Macher schon in der ersten Staffel, welche noch recht züchtig und handzahm daher kommt. Die ganze Serie spielt sich zwar wie eine normale Teenager kommt an neue Schule Story (inkl Abschlussball) ab, und der Verlauf der Handlung ist auch sehr nah an solch einer Klischeehandlung angeleht, aber die gewollt diffuse Erzählung, die pointiert eingesetzten Verunsicherungshinweise sowie die dosierte, anachronistische, nicht zeitgemäße und recht unpassende, aber dennoch genau deswegen auch gewollt beunruhigende musikalische Untermalung weisen ganz genau hin, wohin die Reise zu gehen möglich ist. Später wird jedoch diese diffus anmutende Erzählform inklusive musikalischer Untermalung immer konventioneller werden, was jedoch aufgrund der dann immer stärker fokussierten Haupthandlung gar nicht negativ ins Gewicht fallen wird. Man muss aber auch sagen, dass die gesamte Serie niemals die Revolutionarität der Vorlage von Hitchcock erreichen kann oder es je versucht, die Macher versuchen eher ein Kleinod aus der vorliegenden Prämisse zu basteln, ab und zu gibt es ein paar (höchstens eine Handvoll) Episoden, die wirklich überragend sind, aber meistens befindet man sich im sicheren Niemandsland eines gehobenen Mittelfeldes wieder. Und sehr häufig gibt es ziemlich deplatzierte miese Folgen, die den Gesamteindruck noch nachdrücklich schmälern. Gerade mit Hinblick auf die serielle Landschaft ist das dann manchmal doch zu wenig.
Zu den einzelnen Staffeln:Staffel 1:
Kann man getrost als Prolog ansehen. Hier trifft hysterische Coming-of-Age-Story aus Worldbuilding der Kleinstadt, es wird eine Nebenhandlung aufgebaut, die nur dazu dient, die Handlung unnötig zu strecken. Die Inszenierung ist diffus, wirkt leicht anchronistisch und die Charaktere springen ständig. Wenn man nicht wüßte, dass die Serie vermeintlich besser werden soll mit zunehmender Dauer, gäbe es hier noch keinen Grund ernsthaft ein Weiterschauen in Erwägung zu ziehen. 6 Punkte mit Wohlwollen, eher 5.Staffel 2:
Anstatt Normens Handlung zu fokussieren, wird erst mal breit und lang ein Drogen-Bandenkrieg (!!) eskaliert, der dann natürlich mit dem jungen Mann in Verbindung gebracht mit einer Auflösung der Staffel, die es faustdick in sich hat, aber bis dahin plätschert sehr viel Unsinn den Bach runter. ebenfalls 6 Punkte, aber fast 7Staffel 3:
Endlich wird die Serie immer psychologischer und entfernt sich von der hirnrissigen "Diese Kleinstadt ist Sodom und Gomorrha" Handlung, es kommt zu immer deutlicheren Begründungen und Hintergründen der beiden Protagonisten und am Ende weiss man, dass es in Richtung Finale zu gehen scheint. 6-7 PunkteStaffel 4:
Prinzipiell ist das die Staffel, mit der man die Serie beenden könnte, wenn man wirklich den Ansatz verfolgen würde, dass man nur die Vorgeschichte des Films erzählt. Es wird alles aus erzählt, was es zu erzählen gibt, was zu diesem einen Film führen würde. Die Intensität ist zum mit der Schere schneiden dicht, die Figuren sind allesamt ausgefeilter, die Dialoge sind endlich auch wirklich gut, und die Andeutungen lassen für alle Handlungsstränge mehrere Interpretationen zu. Hinzu kommen wirklich überragende Einzelfolgen, die mit zum Besten gehören, was das Genre hergibt. Locker mal 8 PunkteStaffel 5:
Tja, hier wird Normens Geschichte zu Ende erzählt, inklusive der Handlung des Films und darüber hinaus, wobei die Serie die Handlung des Films leicht - dennoch gravierend - variiert. Hier uss man sagen, dass es Geschmackssache ist, ob einem das gefällt oder nicht, aber es zeigt einem auch ganz klar die Grenzen der Macher auf, denn die Veränderung des Filminhalts ist auch der Tatsache geschuldet, dass sie einfach nicht in der Lage sind, die Vorlage episch neu zu interpretieren, statt dessen wird die Handlung in Pfade gelenkt, die das Finale einleiten sollen. Dennoch, man muss der Serie zu Gute halten, dasss sie wirklich ALLE Handlungsstränge final bespricht, ohne Rücksicht auf Verluste. Befriedigend ist diese Staffel trotz allem irgendwie schon: 7 PunkteBevor wir zur Gesamtbeurteilung kommen noch einmal kurz ein Wort zu den Darstellern: Die allseits hoch gelobte Vera Farmiga spielt die Rolle der Norma Bates mit ziemlichem Verve und Pfeffer, geht einem aber auch ziemlich auf den Wecker. Ich kann nicht verstehen, wieso es regelmäßig Lobeshymnen auf diese Frau gibt.
Freddy Highmore, der die ganze Serie eigentlich schultert, ist da ehrlich gesagt keinen Deut besser, er chargiert als wäre er ein Stummfilmkomiker und nervt von vorne bis hinten.Die restlichen Darsteller ordnen sich schön unter, selbst ein Nestor Carbonell spielt unter seinen Möglichkeiten.
Ehrlich gesagt, liegt das alles aber wahrscheinlich an der extrem hysterischen Inszenierung, die den Darstellern ihre Over the Top Performances abverlangt. Daher ist es sehr schwierig, tatsächlich zu eruieren, ob sie gut oder schelcht spielen.Fazit:
Eine schwüle, kribbellige Neuauflage der alten Geschichte, die durch ihre diffuse, überzeichnete Herangehensweise sich selbst zu sehr in Schiene B-Movie-Abklatsch manövriert, sich dort aber als ernst zu nehmende Geschichte etabliert. Die wirklich einfache Message "Wer Hilfe braucht, aber nicht nach ihr fragt, kann durchaus mal verlieren" wird ziemlich gestreckt und gemolken. Und letztendlich sind die wirklich intelligenten Andeutungen und Meta-Ebenen fast am Verpuffen auf Grund dieses Geschreie der gesamten Inszenierung.Dennoch, alles in allem für Fans des Films (von mir aus auch der Filmreihe) und des Genres an sich durchaus sehenswert.
Und letztlich der qualitative Vergleich mit Hannibal:Hannibal ist eine Hochglanzproduktion, die ganz klar als gediegene Prestigeserie daher kommt, inklusive Hochglanzoptik bis zum geht nicht mehr und Style over Substance. Dagegen ist Bates Motel geschwätzige, hysterische und Bodenständige B-Klasse. Doch Bates Motel ist immer zugänglich und nachvollziehbar und geht seinen Weg konsequent zu Ende. Ein qualitativer Vergleich ist daher nicht unbedingt möglich, und keine Serie kann als besser als die andere eingestuft werden.
Insgesamt 7 Punkte