Review

Der Schaum der Tage (2013)

Zunächst mal fühlt sich der Film an als würde man 16 Stunden ununterbrochen Peter Gabriel Videos gucken. Eine Flut von Stop Motion-Effekten, James Bond artigen Gadgets, absurd-abgedrehten und mehr als einfallsreichen Ideen, futuristisch-phantastischen Settings, Farben, Situationskomik, (Neu)Wortspielereien und jeder Menge Irrsinn und Spaß prasselten vehement auf mich ein. Niedliche Salz- und Pfefferstreuer tanzten Tango, die Esstische liefen Schlittschuh und die Haustürklingel krabbelte feixend herum.

Supi, sowas brauch ich, immer her damit. Phase 1 des Films hatte begonnen und WIE! Colin unser kleiner abgespaceter Tagträumer und sympathischer Erfinder lebt mit seinem Freund, Koch und Mitbewohner Nicolas im schönen Paris, hat einen besten Kumpel namens Chick, ein glühender Groupie von Jean-Sol Partre, und alles scheint perfekt, doch etwas fehlt Colin ... die Liebe!

Diese lernt er schließlich auf einer abgedrehten Party kennen : Chloé ! Endlich, er hatte Sie gefunden und der Film ging in seine 2te Phase.

Eine wunderschöne Liebesgeschichte nimmt ihren Lauf. Traumhaft bebildert und vertextet, Duke Ellington trötet sich 'nen Wolf, Regisseur Gondry tobt sich aus, kurz noch schnell die Themen Tier- und Naturschutz angerissen, während schlechte Bedingungen am Arbeitsplatz die Runde machten, fiese Großkonzernchefs um die Wette grienten und weiterhin Peter Gabriel Videos in einem enormen Tempo an einem vorbeischossen. Doch bald schon verblassten die ersten Farben. Und kurz nachdem noch Jean-Sol Partre in einem riesigen Pfeifenkopf stehend zu seinen kreischenden Fans sprach ging der Film in Phase 3.

Chloé wird krank. Das klang alles nicht gut. Ein mysteriöser Sound hatte sich in ihrem Lungenflügel breitgemacht. Bett war angesagt. Die Räume wurden rund. Colin opfert sein ganzes Geld um ihr zu helfen, doch es nutzte nichts. Sie verblasste weiter, neben ihr so langsam auch die Blumen und die Farben aus dem Film, bis sie schließlich schwarz/weiß wurden und im Stummfilm endeten ... Wieso allerdings die Situationskomik noch immer da war ...

Eigentlich feiere ich solche Filme ja ab, doch irgendetwas stimmt hier nicht so ganz. Einerseits alles richtig gemacht. Der Film durchwandert die 3 Phasen-Story bildlich und akustisch fast perfekt, doch Gondry war derart in seine wahrlich fabelhaften Ideen verknallt, er überpacete leicht und schafft es nicht, gerade im alles genial, bildlich herunterfahrenden Dramatikteil seine Späßken und Komiken ebenso komplett dem Bremspedal zuzuführen.

Die letzlich bittere Lovestory kommt für meinen Geschmack einfach etwas zu kurz, das Lachen bleibt einem eben NICHT richtig knallehart im Halse stecken, denn am Rande tummeln sich immer noch diverse Ulkigkeiten, was der Dramatik leider etwas die Wirkung entzieht oder einen zumindest immer wieder aus ihr herausreißt. Gondry klaut den Darstellern zudem durch seine ausufernde Bildsprache leicht den Raum zur tieferen Entfaltung. Er tippt die Bremse zwar spürbar an, aber man merkt er würde am liebsten das Gaspedal durch die Karosserie treten, und das schimmert leider hier und da etwas zu stark durch. Da wäre, auch wenn es schlussendlich Jammern auf hohem Niveau ist, weniger vielleicht mehr gewesen.

Fazit: Eine leicht überfrachtete fein verspielte Bild-, Sound- und Farbenshow!

8 einhalb von 10 beswingenden Filmtrips

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