Review

MONDO CANNIBALE, 2. Teil - DER VOGELMENSCH

Mit MONDO CANNIBALE brachte Umberto Lenzi 1973 die Kannibalenfilmwelle ins Rollen und 1977 besorgte Ruggero Deodato mit MONDO CANNIBALE, 2. Teil - DER VOGELMENSCH die offizielle Fortsetzung. Ein „Abenteuer im Menschenfresser-Dschungel“ verspricht der deutsche Verleih. Angesichts der Tortur, welche Hauptdarsteller Foschi hier durchleben muss, ist „Abenteuer“ allerdings mehr als milde ausgedrückt…

Die Amerikaner Robert (Massimo Foschi) und Ralph (Ivan Rassimov) wollen auf der Insel Mindanao das Dschungelcamp aufsuchen, in welchem sich Mitarbeiter ihrer Firma auf der Suche nach Erdöl befinden. Bei einer Bruchlandung wird ihr Flugzeug jedoch beschädigt und als sie feststellen, dass das Camp verwüstet und alle Mitarbeiter tot sind, ist es schon zu spät. Sie werden von Menschenfressern angegriffen, wobei Ralph einen Wasserfall hinunter stürzt, während Robert gefangen genommen wird. Da Robert mit einem Flugzeug ankam, halten ihn die Menschenfresser für den titelgebenden Vogelmenschen, worauf er mit richtigen Vögeln in einer Höhle eingesperrt wird und dort auf seine Opferung wartet. Doch eines Nachts gelingt Robert die Flucht. Er schnappt sich die hübsche Pulan (Me Me Lai) und versucht, mit ihrer Hilfe aus dem Menschenfresser-Dschungel zu entkommen…

DER VOGELMENSCH ist eine „One-Man-Show“ von Hauptdarsteller Foschi und darüber hinaus auch nicht einfach mit späteren Kannibalenschockern in eine Schublade zu stecken. Laut Trailer wurde er auf den Philippinnen und unter echten Menschenfressern gedreht. Die Dreharbeiten müssen besonders für Foschi eine gewaltige Tortur gewesen sein: größtenteils musste er nackt herumlaufen, durch den Dreck kriechen, in kalten Höhlen kauern und sich von den Menschenfressern sogar bepinkeln lassen. Er verkörpert Robert Harper physisch wie auch sein Verhalten authentisch und glaubwürdig. Ständig bewegt er sich auf einem schmalen Grat zwischen rationellem Handeln und Wahnsinn. Er muss erkennen und umsetzen, dass zum Überleben ein primitives, den Menschenfressern angepasstes Verhalten notwendig ist.

Die Menschenfresser werden im Gegensatz zu DIE RACHE DER KANNIBALEN weniger plakativ dargestellt, wobei ihr Verhalten dem entspricht, wie man sich ihre lebenslange Existenz in der Wildnis vorzustellen vermag. Sie sind naiv, haben Götter, denen sie Opfer bringen, töten sich auch mal gegenseitig und fressen, um ihren Hunger zu stillen. Wenn DER VOGELMENSCH auch nicht zum „Grenzen austesten“ geeignet ist, so gibt es trotzdem einige harte Momente zu überstehen: einem Menschenfresser werden Schnitte am Körper zugefügt, worauf sich gefräßige Ameisen über seine Wunden hermachen. Eine Mutter durchbeißt ihrem Neugeborenen die Nabelschnur und wirft es dann als Mahl für die Alligatoren in den Fluss. Außerdem gibt es zwei ausführliche Fressorgien, wobei eine davon später beinahe 1:1 in LEBENDIG GEFRESSEN (1980) als Stock Footage verwendet wurde.

DER VOGELMENSCH vermag nicht auf die sensationslüsterne Art eines NACKT UND ZERFLEISCHT (1980) zu fesseln und fährt auch nicht die selbstzweckhafte Gewalt eines DIE RACHE DER KANNIBALEN (1981) auf. Trotz durchaus vorhandener Härten funktioniert der Film hauptsächlich durch seinen Hauptdarsteller, eine fesselnde Geschichte und Momente, welche der Ironie des Schicksals ihren Tribut zollen. Über Jesus Francos Pseudofortsetzungen DIE BLONDE GÖTTIN (1981) und NACKT UNTER WILDEN (1983) breite ich den grünen Mantel des Dschungels aus, während ich DER VOGELMENSCH sogar „anspruchsvollen“ Kannibalenanhängern ans Herz legen kann. Der Tiersnuff hingegen hätte einmal mehr nicht sein müssen, obwohl er beinahe essentiell für dieses Genre erscheint…

6/10 Punkten, diBu!

Details
Ähnliche Filme