Review

kurz angerissen*

Spike Jonze reicht eine eigentlich kühl konnotierte Nahzukunftsvision, um einen der wärmsten und menschlichsten Liebesfilme der letzten Jahre abzuliefern. Scarlett Johansson (oder ihre deutsche Stammsprecherin Luise Helm) lassen einzig kraft ihrer Stimme eine komplexe Wesenheit entstehen, die alle Sehnsüchte nach Geborgenheit und Zweisamkeit explodieren lassen – und das dank Jonze nicht etwa in effekthascherischen Feuerwerken, sondern oftmals gegenteilig in einem Schwarzbild, das er immer einblendet, wenn die Geschichte eine einschneidende Zäsur erfährt. Scheinbar mühelos verknüpft der Regisseur Liebe und Erotik zu einer untrennbaren Einheit, ohne seine Hauptfigur auch nur eine Sekunde der Lächerlichkeit preiszugeben, was aufgrund der genretypischen Einzelgängerkonstellation und der optisch eigenwilligen Maske Joaquin Phoenix’ zumindest nahe lag.

Das Element der sozialen Ausgrenzung spart sich Jonze auf; er legt es sogar geradewegs darauf an, die gesellschaftliche Akzeptanz von Beziehungen zwischen Mensch und Computersystem darzulegen, die seinem Entwurf zu eigen ist. Während Theodore mit Knopf im Ohr durch die menschenvollen Straßen wandert und Selbstgespräche führt, fokussiert die Kamera immer wieder entgegenkommende Passanten, die das gleiche Verhalten zeigen, was den Sonderlingscharakter des Protagonisten abschwächt. Außerdem werden Parallelen zur Gegenwart herausgearbeitet; dass Menschen scheinbare Selbstgespräche führen, wenn sie auf den Straßen unterwegs sind, ist schließlich bereits Realität.

Obwohl sich Jonze über die gesamte Laufzeit mit der Philosophie künstlicher Intelligenz beschäftigt, konkrete Fragen nach dem Fehlen von Körperlichkeit stellt und im letzten Akt daraus weiterführende Thesen entwickelt, die zu Komplikationen in der Computer-Mensch-Beziehung führen, ist „her“ doch in erster Linie ein romantisches Märchen, das insbesondere den Bauch anspricht und nur in zweiter Linie den Kopf. Dass die Inszenierung einmal mehr mainstream-abseitig und leicht experimentell ausfällt, ohne dass man deswegen auf melancholische Leichtigkeit verzichten muss, verstärkt lediglich die Intensität, denn die von Phoenix und Johansson so greifbar transportierten Emotionen fühlen sich so nicht nach Plastik-Massenabfertigung für den Großmarkt an, wie es in der gängigen Hollywood-RomCom fast durchweg der Fall ist.
(8.5/10)

*weitere Informationen: siehe Profil

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