Ja, ja. Es ist nicht leicht, einen Zeitreisethriller ins Ziel zu bringen. Da kann mächtig viel schiefgehen. So ist es meist der Fall, dass, bei aller fehlenden Theorie, der Praxis die Gäule durchgehen. Es wird vogelwild in der Zeit hin- und hergesprungen, ohne, dass sich die Zeiten ändern. Oder ein Reisender wird multipliziert und trifft sich selbst - gleich mehrfach. Am Schluss weiß man als mit dem inszenierten Ideensalat überforderter Mensch gar nicht mehr, wer da was wann wo macht.
Zeiten ändern dich
Und hoffentlich auch Rez (Patrick Buchanan), einen Mann in der nahen Zukunft. Der Papa einer jugendlichen Tochter ist ein Loser, hat Spielschulden und steckt mit dem Kopf in der Schlinge seiner Gläubiger. Dabei war er einst ein Genie, arbeitete als Wissenschaftler für die Regierung und nutzte sein fotografisches Gedächtnis für Sublimeres als nur den Roulettetisch. Doch der Tod seiner Frau warf den sonderbar neben sich stehenden Langweiler aus der Bahn. Da begibt es sich, dass sein einstiger Vorgesetzter (Anthony Murphy) an ihn herantritt und ihm von einer Zeitreisemaschine erzählt. Seine Schulden wären getilgt, sagt er, wenn sich Rez bereit erklärt, als Versuchskaninchen herzuhalten. Also reist der perspektivlose Verlierer in die Zukunft. Und zwar genau acht Stunden, denn weiter kann man aus irgendeinem Grund mit der Apparatur „Titus" in der Zeit nicht hin- und herhüpfen. Er macht das also wieder und wieder, sein Auftraggeber verdient an der Börse inzwischen Millionen - bis Rez eines Tages Zeuge einer verheerenden Atomexplosion wird, die die Stadt vernichtet. Und das nur acht Stunden in der Zukunft. Wie kann nun Rez, der eigentlich eher so wirkt, als wäre er nicht die hellste Kerze am Baum, das verhindern? Natürlich indem er in dieser Extremsituation über sich hinaus wächst. Also nicht körperlich, sondern im übertragenen Sinn. Und Zeit wird's.
Geile Zeit
Aber nicht für Rez! Der hat nämlich nicht nur das wirklich dumme Problem mit der Atombombe an der Backe, sondern auch kein Drehbuch an der Hand, das ihm helfen würde, die Sache irgendwie zu überstehen. Denn die Geschichte um den jungen Mann, der die Schauspielerei offenbar erst am Morgen des Drehbeginns für sich entdeckt hat, ist nicht nur völlig einfallslos, sondern auch noch peinlich unsauber erzählt. Die in die Story geworfenen Ideen, von denen mindestens eine Buchanan hart am Kopf getroffen hat, passen nicht zueinander und wirken schon auf den allerersten Blick wirr und undurchdacht. Nach nicht allzu langer Zeit springt Rez die ganze Zeit in die Zukunft und zurück, trifft sich natürlich selbst, schließt sowas wie Bruderschaft und kommt langsam dem Übeltäter und Verantwortlichen der Katastrophe auf die Spur - nur leider ohne zu erklären, wie das alles überhaupt möglich ist. Einmal mehr wird also mehr postuliert und vorausgesetzt, als nachvollziehbar erzählt.
Kinder, wie die Zeit vergeht
Glücklicherweise! Denn lange dauert „Dark by Noon" mit seinen knapp eineinhalb Stunden nicht. Dass er bei der durch Abwesenheit glänzenden Ideenschau überhaupt so lange läuft, liegt übrigens an den ständigen Wiederholungen ein und derselben Szene. In der durchlebt Rex frühere Traumata und sieht wieder und wieder seine Frau. In schwarz-weiß, damit das nicht vorhandene Publikum des Streifens kapiert, dass das jetzt nicht die Zukunft oder die Gegenwart, sondern die Vergangenheit ist. Einen wirklichen Mehrwert bieten die ständigen Bilder davon, wie die Ex-Frau das Zeitliche segnet, natürlich nicht. Sie sind halt einfach da - weil, macht man bei CGI-Miami, oder wie das heißt, ja auch so.
Es ist an der Zeit
... dass manche Leute einsehen, dass sie die Finger vom Filmemachen lassen sollten. Noch dazu, wenn das Sujet des Films inszenatorische Raffinesse voraussetzt. Ein bisschen ist das mit „Dark by Noon" wie mit einer leeren Leinwand, die ein moderner Künstler, ohne vorher zu wissen wohin die Reise führt, emsig mit Farben füllt. Das sieht manchmal sogar optisch ganz nett aus, nur zukunftsträchtig ist das nicht. Und zeitlose Kunst auch nicht. Leider kommt dazu eine deutsche Synchro, die nichts rettet, sondern nur einen weiteren Torpedo auf das im Fluss der Zeit versinkende Boot abfeuert.
Deine Zeit
... nutzt du besser anders. Und nicht mit diesem laienhaften Billigmurks. Zum Beispiel mit den „Twelve Monkeys" (USA, 1995), „Donnie Darko" (USA, 2001), „Looper" (USA, 2012) oder sogar dem „Butterfly Effect" (USA, 2004). Und wenn es doch Direct-to-Video sein darf (oder soll), dann bist du auch mit „Predestination" (Australien, 2014) oder „Synchronicity" (USA, 2015) besser beraten. Denn Zeit ist kostbar.