John May (Eddie Marsan) arbeitet als Funeral Officer bei der Londoner Stadtverwaltung, wo sich der ruhige Eigenbrötler um die würdevolle Beisetzung von Menschen kümmert, die keine Angehörigen haben. Nach 22 Jahren wird seine Stelle wegen Unwirtschaftlichkeit gekündigt. Mr. Mays letzter einsam Verstorbener lebte direkt gegenüber von ihm. Ob Billy Stroke doch Verwandte hat?
Uberto Pasolini (geb. 1957 in Rom), nicht verwandt mit Pier Paolo Pasolini, sondern ein Neffe von Lucino Visconti, ist bereits seit 1984 im Filmgeschäft tätig und gründet 1994 Redwave Films, die u.a. den oscarnominierten „The Full Monty“ (1997) produzieren. Nach seiner mehrfach preisgekrönten ersten Regiearbeit „Machan“ (2008) gelingt Uberto Pasolini mit seinem 2. Film „Still Life“ (genau, „Stillleben“, der Originaltitel) ein kleines Filmjuwel. Sein Film handelt von Tod und Einsamkeit und ist trotzdem so herzenswarm und lebensbejahend. Mr. May kümmert sich rührend um die Verstorbenen, lässt ihre Leichname bzw. Urnen so lange zwischenlagern bis er sicher ist keine Freunde oder Angehörigen auftreiben zu können und verfasst nach Durchsicht der bescheidenen Nachlässe sogar Trauerreden, deren einziger Zuhörer er selbst sein wird. Selbstverständlich ist in einer modernen, schlanken Stadtverwaltung kein Platz mehr für einen solchen Mitarbeiter. Mit dem Verlust von Arbeitsplatz und Lebensaufgabe wird sich Mr. May seiner eigenen Sterblichkeit bewusst. Trotzdem widmet er sich mit umso größerem Eifer seiner letzten Aufgabe und macht tatsächlich eine Tochter des Verblichenen (Joanne Froggatt, „Downton Abbey“ TV) ausfindig.
Pasolini erzählt seine anrührende Geschichte ruhig und nicht ohne Humor in wunderschönen Bildern. Eddie Marsan, der als Nebendarsteller bereits unter Martin Scorsese („Gangs of New York“ 2002), Guy Ritchie („Sherlock Holmes“ 2009/11) und Steven Spielberg („War Horse“ 2011) gespielt hat, wird mit seiner ersten Hauptrolle dauerhaft im Gedächtnis bleiben. Mit ganz wenig Mimik und Gestik gelingt ihm das Kunststück allein mit seinen Augen alles auszudrücken. Uberto Pasolini erhält 2014 bei den Filmfestspielen von Venedig den Preis für die beste Regie, sein Film 10 min. Standing Ovations des begeisterten Festivalpublikums. (9,5/10)