Review

„Was hältst du von einer Vergewaltigung?“

Die Erotik-Klamotte „Zu dumm zum…“ alias „Der Großmaul-Casanova“ aus dem Jahre 1971 ist die einzige Regiearbeit des Schauspielers Henry van Lyck, der hier auch selbst mitspielt.

„So ein Dilettantenscheiß!“

Dieter (Peter Uwe Arndt, „Die fleißigen Bienen vom Fröhlichen Bock“) hat eine große Klappe, aber nicht viel dahinter und unter anderem deshalb nur Pech bei den Frauen. Sein Kumpel Henry (Henry van Lyck, „Zur Sache, Schätzchen“) versucht ihm zu helfen, indem er ihm Ratschläge erteilt, die Dieter auch prompt umzusetzen gewillt ist – mit bescheidenem Erfolg…

„Die Konstrukteure ham's wohl nie in so'm Auto getrieben!“

Dieter, ein Typ in Fransenwildlederjacke, zieht mit Henry durch die Straßen; zusammen ergeht man sich in witzig-plumpen und entsprechend erfolglosen Anmachversuchen fremder Frauen auf offener Straße. Im Schwimmbad albert Dieter herum und lernt die süße Mona (Brigitte Skay, „Unruhige Töchter“), deren Busen ab und an hervorblitzt, sowie deren Freundin Chris (Sybille Binder, „Das Glöcklein unterm Himmelbett“) kennen. Zu dritt gibt man sich Doktorspielchen hin, die zunächst eher wie Misshandlungen wirken. Mona erzählt Dieter wenig geschmackssicher eine absurde Geschichte von der Vergewaltigung einer Freundin und will diese mit Dieter am Waldsee nachstellen. Damit tut Dieter sich schwer und benötigt mehrere Anläufe, was van Lyck süffisant humorig inszeniert. Mona zeigt sich nun in ganzer Pracht, doch zu ihrer Enttäuschung kann Dieter unter diesen Umständen einfach nicht. Mona reagiert erbost.

„So ein bisschen dazwischen, so ein bisschen daneben, verstehen Sie?“

Der abrupte Schnitt zur nächsten Sequenz lässt erahnen, es hier mit einem episodenhaften Film zu tun zu haben. Dieter verabredet sich mit der verheirateten Clarissa (Ann Smyrner, „Das Go-Go-Girl vom Blow-Up“), die für ihn strippt, wovon das Filmpublikum außer Blicken auf ihre Beine aber nicht viel hat. Zu allem Überfluss stört auch noch ihr Mann (Carl Möhner, „Die letzte Fahrt der Bismarck“), der unverhofft nach Hause kommt, woraufhin Dieter sich im Schrank versteckt, aber entdeckt wird. Ein noch abgedroscheneres Klischee war den Filmmachern offenbar nicht eingefallen. Clarissas Mann treibt ein kurzer Psychofolterspiel mit den beiden, nur um Dieter dann doch noch eine reinzuhauen.

In der darauffolgenden Episode rennt Dieter wieder auf der Straße herum und verteilt Äpfel an Passantinnen, wodurch er eine junge Entenfahrerin (Barbara Scott, „A Clockwork Orange“) kennenlernt, die ihn zu einer spontanen Ausfahrt einlädt. Es handelt sich um eine sehr hübsche Brünette, die auch etwas von sich zeigt und mit Dieter im Auto zu fummeln beginnt. Leider ist sie auch etwas spleenig und will’s ausschließlich in der Ente treiben, doch der französische Kleinwagen ist zu eng. Beim Sexversuch löst sich schließlich die Handbremse, womit der Film einen weiteren Treffer im Klischeebingo erzielt.

Bald darauf findet sich Dieter mit Freunden in einer Tanzbar wieder, wo er mit Sexgeschichten prahlt, die ihm niemand abnimmt, und er bei einer Blondine (Elke Hart, „Nicht fummeln, Liebling“) abblitzt. Henry jedoch überredet sie, Dieter anzugraben, woraufhin sie ihm drei Aufgaben stellt. Was genau diese beinhalten, wird den Zuschauerinnen und Zuschauern verheimlicht, erschließt sich aber aus Dieters weiteren „Abenteuern“: Er gerät an einen schwulen Barkeeper, ein anderer Homosexueller wird auf ihn aufmerksam und will, dass Dieter ihm Lackpömps kauft. Henry begleitet die beiden ins Schuhgeschäft, wo man mit seiner Hilfe die Verkäuferin in den Wahnsinn treibt. Für die nächste Aufgabe zieht Dieter mit einer Gans im Kinderwagen durch die Gegend und quatscht eine Passantin an, um sie nach einem Psychiater für seine „Ente“ zu fragen. Zudem betritt er mit dem Federvieh einen Lebensmittelladen und fragt nach Fantasieprodukten, was in Dada-Dialoge mündet, bis die Verkäuferin zu Quaken beginnt. Er zieht weiter auf einen Wochenmarkt und provoziert dort eine Essenschlacht, aus der eine wüste Massenschlägerei resultiert. Die Gans setzt er schließlich auf einem Grundstück mit anderem Federvieh aus. Schließlich – Aufgabe Nr. 3 – steigt als er als Neandertaler verkleidet mit einer überdimensionalen Keule in eine Straßenbahn ein, wo er an einen depperten Kontrolleur gerät, der Respekt vor ihm bekommt, als er hört, dass es sich bei seinem Höhlenmenschengegenüber um einen Germanen handle. In einem weiteren Dada-Dialog tauscht Dieter sich mit dem Kontrolletti über Fußmalerei aus. Einem Pförtner entwendet er die Mütze und sucht Briefkastentante „Irenes“ Büro auf, wo sich die ehebratend für Illustrierte Schreibende als Mann (Ernst H. Hilbich, „Rudi, benimm dich!“) entpuppt. Bei ein paar Schnäpsen erhält Dieter Einblicke in dessen Arbeit.

Dann begegnet Dieter seiner Disco-Bekanntschaft in der freien Natur wieder, dialogfrei und kitschig inszeniert, wenn sie in Zeitlupe händchenhaltend durch die Walachei hüpfen. Er trägt sie die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf, was tatsächlich dazu führt, dass der Film doch noch eine Erotikszene erhält. Man sieht zwar nichts, aber die Vorstellung des für andere ebenfalls unsichtbaren Beischlafs am offenen Fenster, während dem die Dame noch ein Pläuschchen mit einer Nachbarin hält, kann durchaus anregend sein. Dennoch geht auch diese Szene böse für Dieter aus.

Es beschleicht mich der Verdacht, dass van Lyck & Co. die erste deutsche Sexfilmwelle mit „Zu dumm zum…“ persiflieren wollten, indem sie eine Art Antisexfilm drehen, in dem der Protagonist kaum einmal zum Stich kommt und sich als dampfplaudernder Möchtegern-Macho entpuppt. Dafür sprechen auch die mediensatirische Anwandlung um „Tante Irene“, der Hang zum Dada und anarchischen Witz sowie der eine oder andere Seitenhieb auf die Gesellschaft. Inkaufnehmen muss man dafür neben Slapstick-Humor aber auch manche reichlich seltsame, unmotiviert erscheinende Szene und eine fröhlich dem Schwachsinn frönende zweite Hälfte, die so gut wie keine Erotik mehr aufweist, nachdem zuvor unter anderem die ein klein wenig fülligere Brigitte Skay (der dies unheimlich gut steht) sexy Auftritte hatte.

Ein aus der Reihe fallender, mitunter beinahe experimentell anmutender Low-Budget-Film, wie er wohl nur während der damaligen Sexfilmwelle entstehen konnte.

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