Review

Was haben Sympathy for Mr Vengeance, Bringt mir den Kopf von Alfredo Garcia und Llja 4Ever gemeinsam - auch mit diesem Film?
Nach dem überragenden Erfolg an der Kinokasse der Vorgängerfilme haben die jeweiligen Regisseure eine gewisse Narrenfreiheit für ihr nächstes Projekt gehabt (eine sogenannte Carte Blanche) und diese im Gegensatz zu einem gewissen Steven Spielberg, der dieses Privileg seit Jahrezehnten besitzt, so kompromißlos wie nur irgend möglich ausgenutzt, um sich selbst einen Herezenswunsch zu erfüllen und einen Film nur für sich selbst bzw. nicht auf den Publikumsgeschmack zugeschnitten.
(Nur als Info für Interessierte: Vor Mr Vengeance gab es Joint Security Area, der bis dahin erfolgreichste Film aller Zeiten in Südkorea, vor Alfredo Garcia gab es Getaway, vor Lilja gab es Raus aus Amal, ebenfalls der erfolgreichste Film aller Zeiten in Schweden.)

Vor Mörder gab es Hass.

Und wie es sich nun mal für diese Art von Filmen gehört, muß sich auch Mörder dem Vergleich mit Hass stellen. Und wie es sich für Filme dieser Art von wirklich talentierten Regisseuren gehört (und nicht solchen, die das Glück hatten, mal eben zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen zu sein), wird der Vergleich natürlich hinken.
Denn sowohl Hass als auch Mörder sind handwerklich perfekt, geradezu erschreckend perfekt, in Szene gesetzt, doch die Tonart könnte gar nicht unterschiedlicher sein.
Denn: Ist Hass trotz seiner Thematik und seiner schwarz-weißen Verfilmung noch recht farbig und zutiefst menschlich, so ist hiervon im in Farbe gedrehten Mörder nichts mehr vorhanden.
Hier endet auch alles was mit Hass zu tun hat, hierfür muß man sich die Reviews von Hass antun....

Mörder ist zutiefst nihilistisch, sehr hoffnungslos, handelt von einer kalten, erbarmungslosen Welt, die derart abgestumpft, dass ausgerechnet ein alter heroinsüchtiger, selbssüchtiger egozentrischer Auftragskiller als Protagonist herhalten muß.
Wo andere Filme vielleicht eine Actionkomödie daraus machen würde (ich erinnere nur an diese Buddy-Komödie mit Philip Noiret und Christopher Lambert mit gleichem Grundthema), bleibt Kassovitz' Film kompromißlos brutal und hart.

Wie gesagt, es wird eine verrohte Gesellschaft gezeigt, in der keiner eine erste Chance bekommt, geschweige denn vielleicht verdient. So kommt der überraschende Wendepunkt in der Hälfte des Films auch umso konsequenter rüber.....
Und tatsächlich: Von da ab wird es richtig häßlich!!

Hass hat seinerzeits in Cannes für einen kleinen Eklat gesorgt, weil er von der Kritik regelrecht zerfetzt wurde. Nach Hass hatte man dem jungen Regisseur Kassovitz freie Hand gelassen, zu drehen was er wollte, wohl in dem Irrglauben, eine Art Fortsetzung vorgesetzt zu bekommen.
Nun ja, oberflächlich ist es keine Fortsetzung, aber auf dem zweiten Blick ist dies die wohl konsquenteste Fortsetzung, die möglich ist, denn entscheidend ist das Resultat: Es gibt auch hier keine Hoffnung.
Die Unmöglichkeit einer harmonischen Familie in dieser egoistischen Welt oder der Vermittlung der richtigen Werte sowie die Unerreichbarkeit der richtigen Erziehung kommt man mal vom richtigen Weg ab schnüren einem geradezu die Eier zu.

Ein ganz großes Plus von Kassovitz' Filmen zu jener Zeit sind die bestens agierenden oder besetzten Schauspieler: Serrault und Kassovitz sind einfach nur überragend in ihren Darstellungen, werden aber irgendwann von dem kleinen JUngen regelrecht an die Wand gespielt.

Ganz böse und erschrecken fesselnd, und ähnlich wie oben aufgeführt Filme von ganz besonderer Güteklasse, dem Vorgängerfilm in nichts nachstehend, sogar ein bißchen besser.
Dieser Film braucht auf jeden Fall einen deutschen Verleih!!!

9 Punkte

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