Review

Gesamtbesprechung

Mini-Serie in vier Episoden, allesamt geschrieben von Mika Kallwass (Kallwass hat auch den ersten Fernsehfilm "Wilder Westen", 2015, geschrieben, den folgenden "Wie ein Ei dem anderen", 2019, nicht) die sich dem beliebten Thema des Regionalkrimis mit erfreulicherweise mehr Anspruch und Charakter als üblich, wenn auch noch den Bedürfnissen des geneigten Publikums entsprechend annähert. Angefreundet wird sich besonders anfangs als Einstieg mit der herrschenden Skurrilität des Geschehens, der Kleinkrämerei, in der notgedrungen einige Kompromisse in der Lebensgestaltung gemacht werden müssen, wenn man sich in dem begrenzten Fleckchen Erde hier zurechtfinden und klarkommen will. In der Zentrale des Geschehens ein Geschwisterpaar, zwei Vollwaisen, gespielt von Anna Schudt und Aurel Manthei, die blutsverwandt besser miteinander übereinstimmt als mit sonstigen Kandidaten des anderen Geschlechtes und beruflich und privat gleichermaßen die perfekte Ergänzung spielen.

Denn während er als Chef der örtlichen Polizeiinspektion von Dienst wegen ermitteln muss, wird sie als Kneipenbesitzerin samt Party-Service durch Neugier, aber auch eigene Nöte, da im Verdächtigenkreis stehend, in die kriminalistischen Details und Erkundungen über die immer mysteriöser scheinenden Nachbarn verwickelt. Sowieso die leicht ältere und damit auch die größere und sorgende Schwester, wird das Zepter des Nachhakens und Überprüfens gewohnt souverän in die Hand genommen, ist man doch sonst auch Selbstversorger und Ernährer aus eigener Kraft. Eine herbe Schönheit, oft Blümchenkleid, mit Gürtel knapp unter der Brust zugeschnürt, die wenig Aufhebens um Aufbrezeln und andere unnötige Dinge zum rein optischen Beeindrucken der Umwelt hegt, sich dafür aber auch allein um alles und auch die dem sogenannten starken Geschlecht vorbehaltenen Tätigkeiten kümmern und erledigen muss. Eine Unabhängigkeit auch frei von Gefühlen gegenüber dem anderen Geschlecht, die zusätzlich zum Fürsprecher für das gesamte Landvolk hier und zusätzlich attraktiv und gleichzeitig wie unnahbar macht; während der kleine Bruder meist aufgrund diesen 'Makels' und der daraus entstehenden Ablenkung wie dem Neubeginn einer Beziehung und dem Ende bald aus der Patsche geholfen werden muss.

An diesem Ort und seinen Figuren entlang ansonsten aber im jeweiligen Inhalt voneinander getrennt wird das beliebte Krimiallerlei mit seinen Morden am Rande des Geschehens und dem Präsentieren und Abhaken von Verdächtigen in altertümlich scheinender Existenz und viel Flora und Fauna und anderem provinziellen Flair geboten. In der Startepisode "Eine Leiche zum Dessert" sind gleich zu Beginn drei Opfer zu beklagen, davon eines allerdings ein alter, gebrechlicher Hund, was keineswegs per se humoristisch präsentiert, aber schon mit der Note des sonderbar Verschrobenen und dies auch durchweg in den weiteren heiteren Belangen gewürzt wird. Leute feiern allein und mit sich selber den Geburtstag, in der Dorfscheune sorgt ein Keyboard für vollständige Musikuntermalung, dem Polizisten wird wie einem kleinen Schuljungen das Butterbrot an den Tatort hinterhergetragen und eine Einladung zum Essen und Mehr nicht einmal trotz direkten Sagens dieser Absicht erkannt. Ein wenig und auch angenehm weltvergessen ist dieser von der Außenwelt abgeschottete Platz mit seinen Backsteinhäusern und den von und durch Gras belegten Straßen voll Kopfsteinpflaster, den Inneneinrichtungen aus dunkler Eiche rustikal, Hirschgeweihen an der Wand und den insgesamt düster konservierten Behausungen schon.

Konservativ auch die Bevölkerung, die gerade dadurch gefährlich wird. Gepredigt wird der Glauben an Gott, die Gebote selber aber nicht immer eingehalten und lieber Lug und Betrug zum Durchkommen gewählt. Dunkel ist man in den Herzen, und das Böse keine Erfindung der Neuzeit, sondern etwas lang Gehegtes und Gepflegtes und so im falschen Moment immer präsent. Episode 2 "Der Heiler" zeigt gleich Mehreres an Misstrauen, zwischen Mann und Frau, zwischen sexueller Offenheit und spiritueller Reinigung, zwischen vermeintlichen Wunderheiler und der ebenso vermeintlichen Gläubigkeit der Kirche, zwischen Untergebenen und Vorgesetzten, aber auch zwischen Geschwistern und am Ende fast den Ausflug in Selbst- und Lynchjustiz auf. Episode 3 "Beste Freunde" geht gar an das Eingemachte, stellt das Geschwisterpaar einem ebenso verbundenen, aber durch kirchliche und standesamtliche Trauung miteinander verheirateten Paar gegenüber, in der sich alle Beteiligten von Kindesbeinen an kennen, aber der betrügerische Ehemann durch sein offensives Verhalten auch anderen Frauen gegenüber und einer gemeinsamen kurzen Vergangenheit mit der Protagonistin einen tiefen Keil in die scheinbar so heile Freundschaft treibt. In Folge 4 "Ave Cäsar" herrscht aufgrund der Ausgrabung nach einer Römersiedlung und der dem widersprechenden Errichtung eines Wohnparks heller Aufruhr, auch schon ohne den Mord, der dann passiert.

Immer als Kontrast dazu und Ort der Besinnlichkeit und Konstanz wird die Schankwirtschaft "Bei Britta" gewählt; eine gemütliche Wirtshausstube mit Essen wie bei Muttern, also deftiger Hausmannskost. Dort in den eigenen vier Wänden der Sicherheit lässt es sich leben, im großen Rest zwischen Eschenforst und Bauernhof eher nicht; zumal da auch die viel beschworene Ruhe auf dem Lande etwas fehlt, wird auch hier abseits der Großstadt und seines politischen und zeitgenössischen Geschehens gegen Maßnahmen der Obrigkeit und Entscheidungen des Rathauses und der finanziellen Machthaber protestiert. Die Nöte des kleinen Mannes, in der irgendwie immer und ewig eher in der Vergangenheit statt der Zukunft gelebt wird und alles mehr so bleiben soll wie es war und jetzt ist. Da stört etwas Unangenehmes wie ein Großmastbetrieb oder ein Schamane nur, und wenn eine Frau 'neu' in den Augenschein und das Herz des prompt Verliebten tritt, dann war sie höchstwahrscheinlich schon als Kind der Schwarm und nur mal kurz für eine andere Phase des Lebens und ist eh bald wieder weg.

Neue Akzente und neue Farben werden auch durch die Serie selber in der Möglichkeit der Ausnutzung auch von negativen Gefühlen und Ausdrucksweisen gesetzt, ansonsten Bestehendes und Bekanntes und auch Muffiges auf eigentümlich einnehmende, trotz oder da gar nicht durch anbiedernde Weise und noch ein Quäntchen Merkwürdigkeit und Unbeholfenheit durchmischt. Passend auch die Momente von Sentimentalität, in denen um Liebgewonnenes und/oder Verlorenes gedacht und still ohne viel Aufhebens erinnert wird, ohne gleich in Plattitüden abzurutschen. So um Sympathie gebuhlt und die Zuschauerschaft auf lange Weise aufgebaut und an sich gebunden wird nämlich, was in der Kürze der Laufzeit und der Blässe und kleineren Kauzigkeit wohl auch nicht im Sinne der Erfinderin und der Programmplanung steckt. Ein Gesehen und Vergessen, ein –wenn überhaupt – nur kurzes Flackern und Flimmern in der Masse an vergleichbaren, ähnlich auch dem in etwa zeitgleichen Schafkopf - A bissel was geht immer (2012), in dem auf nur unwesentlich mehr angewachsenen Folgen auch nur die ganz kurze Welle im Vorabendprogramm erzeugt wird.









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