All diejenigen, die sich schon des öfteren gefragt haben, was der kleine Vampir-Junge aus „Near Dark“ denn noch so für Filme gemacht hat, bekommen hier die Antwort geliefert: „Das Messer am Ufer“ zum Beispiel.
Mit von der Partie sind ganz nebenbei auch noch Keanu Reeves, Dennis Hopper und Crispin Glover (der spakige „George McFly“ aus „Zurück in die Zukunft“).
Der Titel ist aber schon mal sehr irreführend: am Ufer liegt nämlich gar kein Messer, sondern eine Mädchenleiche. Der Täter ist John, der Freund des Mädchens, welcher am Morgen nach der Tat seiner Clique ohne den Hauch einer emotionalen Regung von dem Vorfall berichtet. Die Jungs und Mädels glauben dem Gerede anfangs nicht. Doch dann führt John die Gruppe ans Ufer hinab, wo ihr toter Körper noch immer im Morast liegt.
Auch sie wissen nicht wie sie reagieren sollen. Sie brechen weder in Tränen aus, noch scheint in ihnen ein Funke Mitgefühl zu flackern. Sie verstummen einfach.
Ehrensache, dass natürlich keiner zu den Bullen geht. Zusammenhalt ist angesagt und ein Plan, wie die Leiche zu beseitigen ist, muss her.
Doch einer (Keanu Reeves) bricht das Schweigen…
DAS MESSER AM UFER ist nicht nur ein „Kuck mal, 'ne Leiche!“-Abenteuer im „Stand by me“-Style, sondern auch ein erschreckend authentisches Portrait der vollkommen desillusionierten, apathischen und gefühlskalten US-Kleinstadt-Jugend.
Ihr Outfit: Lederjacke, „Anthrax“-T-Shirt, Chucks, lange, fettige Haar, Bierdose und Joint.
Ihre Attitüde: Kein Bock auf Schule, kein Bock auf Eltern, kein Bock auf NIX.
Die Reaktion auf die Eltern-Generation, die das Wort „Revolution“ für ein Paar Turnschuhe verkauft hat? Die Folge einer zu anti-autoritären, wert- und normlosen Erziehung? Oder schlicht und ergreifend eine Rebellion ohne Grund und Ziel? Man weiß es nicht so genau…
Keanu Reeves kennt man ja bereits im assligen Grunge-Look (siehe „My Private Idaho“, „Bill & Ted“) und er steht ihm auch dieses mal wieder vorzüglich.
DAS MESSER AM UFER gibt aber auch ein zutiefst tristes und ebenfalls erschreckend realitätsnahes Bild einer US-Kleinstadt ab: heruntergekommene Häuser, zugemüllte Vorgärten, schlammig braunes Flusswasser…, dazu noch traumatisierte, schießwütige Vietnam-Vets, die mit Gummipuppen verheiratet sind (Dennis Hopper) und übertrieben spießige Kleinstadt-Bullen und das Bild ist perfekt.
Sind wir hier in Seattle, Dirk? 1986 gab’s Grunge doch offiziell noch gar nicht und der Begriff „Generation X“ war auch noch nicht erfunden…
Dennoch passt DAS MESSER AM UFER gut in die Schublade der so genannten „Generation X“-Filme der 90er, wie „Clerks“, „Reality Bites“ oder „S.F.W.“, da er (bewusst oder unbewusst?) ein ziemlich derbes Bild der damaligen? Jugend und ihres Lebensgefühls abgibt.
Fazit:
Cooles, siffiges und sehr stimmiges Halbstarken-Thriller-Drama über orientierungslose Kids und Weiße Ghettos.
Mehr als nur einen Blick wert!