New York . 1999 . Matt Scudder ist Ex-Cop und Ex-Alkoholiker . Seit er seinen Dienst quittierte ist er unlizensierter Detektiv . Eines Tages bekommt er den Auftrag die Mörder der Frau eines Drogenbarons zu finden . Obwohl dieser das Lösegeld für sie bezahlt hatte , wurde sie von den Entführern getötet und , in kleinen Päckchen verpackt , an ihn zurückgeschickt . Schnell kommt Scudder dahinter , dass die Täter schon öfter zugeschlagen haben und sie bald wieder zuschlagen werden …
Auch wenn sich der Plot so ähnlich anhört - „ Ruhet in Frieden „ ist kein „ 96 Hours „ Teil 3 geworden . Statt reihenweise Bösewichte ins Jenseits zu befördern , schlägt „ Ruhet in Frieden „ deutlich weniger actionreiche Töne an ( geht ja auch schließlich nicht um Liam Neesons eigene Tochter , da wäre wahrscheinlich kein Grab leer geblieben ) . Stattdessen wird in klassischer Krimi / Thriller Manier ermittelt . Zeugen werden befragt , Zeitungsausschnitte in Bibliotheken durchstöbert und die Schauplätze von Verbrechen besucht . Zwischendurch schließt Scudder Freundschaft mit dem naseweisen Straßenkind TJ . Das macht durchaus Spaß und ist stimmig umgesetzt , doch dann macht der Film leider zwei mächtig große Fehler .
ACHTUNG !!! BEINHALTET SPOILER , DIE AUCH AUF DAS ENDE DES FILMS EINGEHEN !!!!
Kaum ist nämlich die Hälfte des Filmes vergangen und Scudder trifft den ersten wirklich wichtigen Zeugen , erzählt dieser Zeuge ( und damit der Film ) Scudder ( und damit dem Publikum ) ALLES was der Film über die Täter sagen will . Das wäre nun nicht so schlimm , wenn sich vielleicht die ein oder andere Information später als falsche Fährte herausstellen würde oder es gegen Ende ein paar neue Hintergrundinfos oder Überraschungen über die Mörder geben würde . Leider bleibt es aber bei genau diesen Informationen ( die zwar auch im Film nur Vermutungen sind ) und der Zuschauer kennt nun das Aussehen der Täter , einen Namen und Teile ihres ( angeblichen ) Hintergrundes . Mehr wird man am Ende auch nicht wissen und das ist schon irgendwie enttäuschend . Natürlich ist „ Ruhet in Frieden „ kein Film bei dem man Mitraten könnte wer der Täter ist , denn es gibt keinen Kreis von Verdächtigen , wie bei einem klassischen Agatha Christie Krimi . Allerdings nimmt es der Geschichte viel Spannung wenn man alles so früh auf dem Silbertablett serviert bekommt .
Das zweite große Problem ist , dass sich die meiste Zeit des Films über kein neues Opfer in den Fängen der beiden Psychopathen befindet . So fehlt eine Figur , um dessen Schicksal der Zuschauer sich sorgen könnte . Erst gegen Ende ( und scheinbar nur um das Finale einzuleiten ) schnappen sich die Täter die Tochter eines russischen Drogenbarons . Da ist Scudder aber sofort zur Stelle um mit ihnen per Telefon zu verhandeln und die Entführer ordentlich in die Schranken zu weisen . Scudder hat die Situation von der ersten Sekunde an absolut unter Kontrolle und als Zuschauer weiß man , dass dem Mädchen einfach nichts passieren kann . Scudder bestimmt nicht nur die Gespräche , sondern auch gleich einen Ort für den Austausch des Geldes und des Mädchens . Spätestens als es den Anführer der Entführer schon sichtlich unter Druck setzt , dass Scudder seinen Vornamen kennt , erscheinen die Täter zu sehr in die Ecke gedrängt um noch eine große Bedrohung darzustellen . Dabei hätten schon ein paar kurze Szenen mit der Entführten in einem provisorischen Gefängnis oder in sonstiger Bedrängnis gereicht damit sich der Zuschauer wieder mehr um sie sorgt .
Schließlich irritiert auch das Verhalten der Entführer . Manchmal wirken sie wie Psychopathen , die nur ans Töten denken , dann ist ihnen Geld aber plötzlich wichtiger und sie gehen dafür Risiken ein , die zwangsläufig in eine Falle führen müssen . Da stört es dann kaum noch , dass eine große Chance wieder Spannung aufzubauen einfach nicht genutzt wird . Als Scudders Kumpel TJ nämlich im Bus der Entführer zu ihrem Haus fährt , wäre es DIE Gelegenheit gewesen den Zuschauer noch einmal mitfiebern zu lassen . Doch obwohl sich TJ immer wieder in Situationen bringt , in denen er eigentlich entdeckt werden müsste , lässt das Drehbuch ihn ungeschoren davon kommen .
Fazit : Bei aller Meckerei ist „ Ruhet in Frieden „ ein durchaus stark beginnender Krimi / Thriller , der leider in der zweiten Hälfte etwas abfällt , da er einerseits die Täter viel zu früh verrät , andererseits dem Zuschauer nichts zum mitfiebern präsentiert , da ein finales Opfer der Entführer viel zu spät eingeführt wird und dann auch nicht wirklich in Gefahr zu schweben scheint . Das Verhältnis zwischen Scudder und Straßenkind TJ ist ganz amüsant anzusehen , Neeson haut ein paar trockene Sprüche raus und durch die vielen Außenaufnahmen erscheint der Film sehr lebendig . Neeson ist , wie immer in letzter Zeit , ein harter Knochen , darf aber auch ein bisschen Gefühl zeigen wenn es um seine Vergangenheit geht wegen der er den Alkohol und den Polizeidienst aufgab . Im Prinzip schon nicht schlecht , aber da wäre auch eindeutig mehr drin gewesen . Ich könnte mir allerdings vorstellen , dass er mir beim zweiten Mal ansehen besser gefällt .
Gute 6/10