9
Trügerische Herbststimmung wie bei Hitchcocks THE TROUBLE WITH HARRY, aber eine trostlose schwedische Landschaft in körnigstem 16mm. Eine stumme Protagonistin, mit der das Leben unbarmherzig umspringt. Alles ist hier möglich, in diesem knallhart kalkuliertem Rachethriller auf filmischen Holzschliffpapier, der nicht umsonst die Inspiration für Tarantinos KILL BILL wurde. Ich hatte ja im Vorfeld schon von den Zeitlupeneffekten gelesen, aber im Film sehen sie mit ihrer fast dreidimensional anmutenden Choreografie der Körpersäfte noch besser aus, als gedacht. Interessant und eindringlich auch, wie wir den fürchterlichen Tagesablauf von Frigga durch die nüchterne Inszenierung wie am eigenen Leibe erleben. Herausragend!
6
Die Inspiration für die Figur der Elle Driver, der Killerin mit Augenklappe, in Quentin Tarantinos KILL BILL. Es ist eine ruppige Story, wenn auch teils in zu hellen und noch viel zu "freundlichen" Bildern erzählt. Dessen ungeachtet ist der Film durch und durch skandinavisch: karg, ohne Schnickschnack, dafür unverkrampft und irgendwie "natürlich". Jedenfalls passt dieses Machwerk ganz prima in die 70er hinein, also in die Blütezeit der oftmals reißerischen und exploitativen Depri-Filme, die die Grenzen des Zeigbaren immer weiter nach hinten verschoben haben. Das Blutvergießen und die Shootouts in extremer Zeitlupe waren und sind nicht ohne. Negative Punkte: das lange Zeit geringe Tempo und die Einäugige kommt einfach so von dem Heroin los?! Die Trainingsszenen sind auch viel zu zahlreich: So akribisch hat sich noch kein Racheengel vorbereitet!
10
In Deutschland kaum verbreitet gehört das Werk von Bo Arne Vibenius durch eine mit Hardcore-Inserts angereicherte Fassung leider zu dem oftmals zu Unrecht in der Schmuddelecke angesiedelten Kunstwerken. Zwischen der Schule Bergmans und ruppigen Zeitlupenstudien nach dem Vorbild Peckinpahs reflektiert Vibenius in seinem Film wilde, zeitgenössische Strömungen. Seine Fabel vom stummen Mädchen, welches zur Prostitution gezwungen schließlich typischerweise dem Maskulinen zugeordnete Handlungen trainiert, um sich aus ihren Zwängen zu befreien, betrachtet neben der Adoleszenz schließlich eine globale Emanzipation der unterdrückten Frau. Mit dem unschuldigen Gesicht Christina Lindbergs gelingt Vibenius in Thriller ein äußerst intensives Drama, welches den Zuschauer in seiner progessiven Gestaltung zu einer Emotion erregen muß. Mit sensibler Hand gelingt das Kunststück, die Selbstjustiz zwar als verständlich, keinesfalls jedoch als glückbringend empfindbar zu machen.