Ein taubstummer junger Mann kümmert sich verzweifelt um seine kranke Schwester, die dringend eine neue Niere braucht. Doch all seine Versuche, an Geld zu kommen, um eine Operation bezahlen zu können, scheitern tragisch. Also entführt er mit einer Freundin die kleine Tochter seines Ex-Chefs. Der Plan gelingt, alles läuft glatt - bis seine Schwester erfährt, was ihretwegen geschieht, und eine Kette tragischer und grausamer Ereignisse in Gang setzt.
„Sympathy for Mr. Vengeance", der erste Teil von Park Chan-Wooks Rache-Trilogie, dessen Mittelfilm „Oldboy" international zum Kult-Klassiker avancieren sollte, erzählt eine verstrickte, nicht immer leicht verständliche Geschichte um misslungene Lebenspläne, Trauer, Wut und Rache, die alle Beteiligten gnadenlos in den Abgrund reißt. Am erstaunlichsten ist dabei, wie der Film zwischen den erzählerischen Grundtönen pendelt: Anfangs bleibt er sehr lange einem recht skurrilen, geradezu verspielten Stil treu, der trotz ernster Themen durch schräge Figuren und deren naiv-sympathisches Verhalten viel Humor erzeugt. Erst nach knapp der Hälfte der Laufzeit kippt dieser Ton ins enorm Tragische, wenn alle Pläne auf denkbar grausige Art schieflaufen und für alle Beteiligten Trauer, Verzweiflung und grenzenlose Wut entbrennen. Doch selbst der in der zweiten Filmhälfte ins Zentrum rückende Rachetrip entbehrt nicht einzelner skurril-humoristischer Elemente, wenn etwa eine Gefolterte eine absurde Geschichte zum Besten gibt, dass sie in einer terroristischen Vereinigung sei, die sich für ihren Tod rächen würde - was sich am Schluss überraschend als wahr herausstellt.
Überhaupt schafft es der Film immer wieder, die Erwartungen der Zuschauenden durch das bizarre bis absurde Verhalten der Figuren zu unterwandern. Der entführten Tochter geht es bei ihren Entführern so gut wie selten zuvor, mit Organen handelnde Gangster werden grausig für ihre Untaten bestraft und der gefühlskalte Chef, der seine Tochter zurückhaben will, wird als emotional völlig aus der Bahn geworfener, gebrochener Charakter inszeniert, dessen Schmerz ebenso verständlich ist wie die verzweifelten Taten des Taubstummen und seiner leicht verrückten Freundin. Dieses komplexe Figurennetz macht es alles andere als einfach, die Handlungen der Agierenden moralisch eindeutig einzuordnen - zumal die grausigen Eskalationen der zweiten Filmhälfte bei aller Brutalität zumindest teilweise als tragische Unfälle beginnen.
Filmisch ist das alles auf höchstem Niveau inszeniert, Kamera, Score und Bildsprache agieren sehr souverän und spielen vor allem das Handicap der Hauptfigur dramaturgisch geschickt an entscheidenden Stellen der Handlung aus. Auch erzählerisch nimmt der Film durchaus gefangen, weil er immer wieder Dinge nur andeutet oder durch kleine Zeitsprünge Details weglässt, die im Grunde gar nicht mal so belanglos für die Story wären. So wird etwa die Entführung nicht gezeigt - urplötzlich befindet sich das Mädchen in der Wohnung der Entführer. Zugegebenermaßen wird dieses Prinzip gegen Ende ein wenig zu sehr ausgedehnt: So wird mitunter nicht recht klar, wie der auf Rache versessene Vater die Aufenthaltsorte der Entführer ausfindig macht. Manch ein Detail wäre für die Glaubwürdigkeit der Story womöglich doch ganz interessant gewesen.
Nichtsdestotrotz bietet „Sympathy for Mr. Vengeance" ein faszinierendes Spiel mit typischen Genre-Elementen. Er erweitert den Kosmos bekannter Entführungs-Krimis um ebenso sympathische wie skurrile Charaktere, irritiert immer wieder mit ausgeklammerten Details oder Erklärungen und lässt die volle emotionale Wucht der tragischen Entwicklungen so langsam ins eher Scherzhafte der Handlung einsickern, dass man sich eine Zeit lang gar nicht so richtig darüber im Klaren ist, wie sehr hier Menschen einander ihre Existenz zerstören. Dass ihm dieser Balanceakt zwischen schrägem Humor und tiefer Tragik so exzellent gelingt, ist seine größte Stärke. Wer sich also auf die nicht immer leicht verständliche Story einlässt, findet hier ein echtes Thriller-Kleinod, das seinem berühmten Nachfolger kaum nachsteht.