Review

Staffel 2

Staffel 2

Coens Crossing

Staffel 2 von "Fargo" musste hoch springen - sowohl um an die vorangegangen 10 Folgen zu kommen als natürlich auch um am originalen Film aus den 90ern zu kratzen... zum Glück gelingt ihm das bravurös & es wird nahtlos an die erste Staffel angeschlossen. Obwohl sich so viel geändert hat. Geschichtlich fast alles. Erzählt wird vom Massaker in Sioux Falls & wie es seltsamerweise dazu kam. Keine direkte Vorgeschichte von Season 1, aber es gibt Wiedersehen mit ein paar Charakteren, nun jünger & agiler, & natürlich wieder Insider am laufenden Band. Gerade Fans der Coen-Brüder werden von Anspielungen an ihr gesamtes Ouvre fast erschlagen. Neueinsteigern legt das zum Glück keine Steine in den Weg & Staffel 2 fühlt sich mehr denn je an, wie ein 9-stündiger Film. Ein verdammt guter. 

Man merkt, dass die Macher eine klare Vision haben & wie sehr sie ihre Vorbilder verehren, studieren, lieben. Den Style & Charme der zwei legendären Regiebrüder so gekonnt auf den kleinen Bildschirm daheim zu transferieren, grenzt an ein Wunder. Apropos Wunder: sogar die gibt es nun, mit dem Erscheinen von Außerirdischen Flugobjekten - und das dies nicht übel aufstößt, ist Beleg genug, was für eine bezaubernde, verrückte & gleichzeitig überstilisierte Welt hier geschaffen wurde. Das zweite Jahr von "Fargo" ist cool wie die Schneelandschaften, auf die wieder nicht verzichtet werden muss. Kein Fan von anspruchsvoller & fordernder Serienkost kommt nun um diese ersten zwei Staffeln herum - ganz grosses Kino für zuhause! 

Wenn man mich mit der Pistole am Kopf wählen lassen würde, hätte Season 1 wahrscheinlich noch etwas die Nase vorn. Richtig schenken tun sich beide jedoch nichts & sie funktionieren hervorragend effektiv als 1-2-Punch. So gut, dass ich mich auf wenige neue Staffeln dieses Jahr mehr freue, als auf Staffel 3 von diesem zynischen Knall-BonBon. Staffel 2 hat nicht nur eine große Stärke, sondern brilliert in fast jeder Kategorie. Das Writing ist Bad Ass, steht einem Coen-Film kaum nach. Dazu abgeliefert von Hollywoods zweiter Reihe, die engagierter & cooler kaum spielen kann. Selbst wenn Billy Bob aus dem ersten Jahr unerreicht bleibt & es etwas unübersichtlich werden kann, sind ein paar der Gerhart-Ableger, Kirsten Dunst als abdriftende Hausfrau oder auch Patrick Wilson als Sympathieanker ganz nah dran. Vor wenigen Jahren waren solche Performances in Serien automatische Emmy-Sicherungen. Wie sich die Zeiten geändert haben...

Ein paar zu verkraftende Pacing-Probleme gleicht u.a. ein Shoot Out in der vorletzten Episode aus, der jetzt schon legendär ist. Trockenster Humor ist genauso zu Hause wie blutigste Einschusslöcher. Die Sahne auf der Waffel ist der lässige Style - die 70er werden mit all ihren Marotten ideal eingefangen & die Serie ist einfach ein audiovisueller Genuss. Man kann es nicht anders sagen. Bench-Watching-Heaven. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese Jahrzehnte überlagernde Crime-Saga des mittleren Westen noch lange nicht am Ende oder Höhepunkt angekommen ist... Bring It On! Selbst wenn der Ü-Effekt nun endgültig weg ist & Referenz erwartet wird. 

Fazit: das hohe Niveau wird gehalten & in einigen Belangen setzt Staffel 2 von "Fargo" sogar noch einen drauf - wie gerne würde ich die Coens beim Schauen dieser Ausgeburt der Genialität beobachten. Hart, witzig, traumhaft stylisch - ein nahezu perfekter Krimi & ein feuchter Cineastentraum für das eigene Wohnzimmer. (9/10)

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