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Leone hat mal gesagt, sein Namensvetter Sergio Corbucci wäre der größte Westernregisseur geworden, wenn er nur gewollt hätte; Corbucci hat einmal gemeint, er wollte nicht, er wolle Geld verdienen und sich quasi eine schöne Zeit machen, es gäbe quasi wichtigeres. Das sieht man an den abgelichteten und abgelieferten Werken, das sieht man noch mehr bei seinem Bruder, das sieht man bei beiden bei Spencer & Hill, das sieht man bei Bruno Corbucci bei Tomás Milián und bei Sergio Corbucci an Adriano Celentano. Sieben Produktionen haben sie zusammen gestellt und zusammen gestemmt, manchmal sind sie besser, manchmal nicht, sie entstammen einer bestimmten Ära und spielen oft in einer anderen, einer vergangenen, der Tage von einst und von früher. Der Clou, der Bluff, Celentano hier mit namhaften männlichen Mitstreiter, als Duo, was später in der Karriere selten geworden ist und in der Umlaufbahn einsam. Es gab entweder die Frauen als Gegenüber, oder eine Art Mitläufer, hier ist eine feste Person an der Seite, ein Hollywoodstar, gleiches Kaliber, wenn nicht sogar drüber. Auch der Mann hinter der Kamera, der Regisseur zählt zu den Namhaften, unter spielt aber öfters sein tatsächliches Niveau, ist die Beschäftigung selber wichtiger als die Anerkennung, die vier gemeinsamen Filme Celentano/Corbucci aber dennoch erwähnenswert und dies auf den Seiten beider:

Während der wilden Zwanziger Jahre wird Philip Bang [ Anthony Quinn ], ein berüchtigter Meisterbetrüger, der seine Gefängnisstrafe absitzt, in eine Hochsicherheitseinrichtung verlegt, um dort Zwangsarbeit zu verrichten, nachdem er beim Abendessen für Aufruhr gesorgt hat. Dies ist jedoch Teil eines Plans, ihn aus dem Gefängnis zu befreien, der mithilfe seiner ehemaligen Frau und Partnerin Belle Duke (Capucine, als Besitzerin einer Casino-Yacht und selbst eine Betrügerin) und seiner Tochter Charlotte [ Corinne Cléry ] arrangiert wurde. Doch auf dem Weg zu einer Transitanlage, als Bang sich darauf vorbereitet, den Zug über eine Waggontoilette zu verlassen, findet er sich plötzlich als unfreiwilliger Fluchthelfer eines anderen Betrügers, des jungen Italieners Felice 'Felix' Brianza [ Adriano Celentano ] wieder, der Bang in der Bredouille zurücklässt.

Aufruhr im Gefängnis, der Beginn einer Verlegung und einer Reise, ein Trickbetrüger, ein Filou, ein Gauner, ein Kartenspieler, das Versuchen einer Flucht. Mit Aktionismus beginnt der Film, mit einem Missverständnis, ein Anderer hatte schon vorher die Idee, ein Zweiter bereits schneller. Ein humoristischer Gangsterfilm wird hier gezeichnet, ein frühes Frankreich, ein Gaukler- und ein Schelmenstück, der Fehler fällt bald auf, es wird noch brandgefährlich. Corbucci ist hier bloß einem verpflichtet, dem der Unterhaltung, mit kleineren Spannungsfeldern und mancherlei Initiativen; dritterfolgreichster einheimischer Film des Jahres, nach Ein irres Klassentreffen und Corbuccis eigenen Di che segno sei?, einem vierteiligen komödiantischen Episodenfilm, indem u.a. auch Celentano auftritt.

Quinn leitet dabei das Geschehen ein, Celentano übernimmt, “Augen wie Kastanien, ein Blick wie ein Adler, ein Mann wie ein Wolf“, das atmet erst gesiebte Luft, zuweilen erinnert man im Ton und in der Synchronisation an die Werke um Spencer/Hill, beide flott mit dem Mundwerk, einer körperlich auch flexibel, der Andere weniger ein Mann wie ein Wolf, eher ein Mann wie ein Bär. (Quinn wird im Deutschen von Arnold Marquis gegeben, der fast zwanzig Mal den Spencer gesprochen hat; Celentano hört sich durch Manfred Schott eher nach dem jungen Dustin Hoffman bzw. Jack Nicholson an.)

Das sind die Dreißiger hier, oder eher die frühen Zwanziger, nach und vor dem Krieg zumindest, vor dem Faschismus, es gibt viele Fragen, vom Hauptdarsteller reichlich dumme Antworten ("'Du gehst mir aufs Gemüse mit Deinem Gequatsche.“), es gibt Sexismus, die Gegend ist mit Dämmerschein bloß beleuchtet (“Nimm du dir auch 'ne Funzel, wir brauchen mehr Licht.“), mit blassen Schimmer, mit braun-grauen Tönen getäfelt, es wird noch einmal gefeiert, Zwei Profis schlagen zu, Zwei tolle Wanzen kochen ab,  Champagner aus dem Knobelbecher. Man dreht sich etwas im Kreise, raus aus dem Gefängnis per Trick, rein in das Gefängnis per List, eine Handhabe mit kleineren Gaunereien, mit Rauferei und Explosionen; die letztere auch größer, aber bloß als Ablenkung und auch so nachlässig gefilmt. Dafür gibt es Überraschungen, viel ist Scharlatanerie und Scharade, ein Spiel mit Glück, mit Treu und Glauben, und mit falschen Versprechungen sowie ebensolchen Identitäten. Entsprechend dessen wird verfolgt und geflohen, zu Fuß in den Sprint gegangen, geschossen, ein Oldtimer kopfüber in ein tiefes Loch gestürzt.

Ein Duell der Giganten, stets in Bewegung, zu Wasser, zu Land und in der Luft quasi, eine zufällige personelle Kombination, die durch gemeinsame Talente und den gleichen Feind und entsprechend umso enger miteinander verknüpft ist. In Sachen Humor nutzt man wie gewohnt alle Mittel, Celentano läuft auch hier schon mal mit 'Schuhcreme' im Gesicht als “Abdullah“ herum, also 'Blackfacing' es gibt einige Ohrfeigen, ansonsten vielerlei episodenhafte Betrügereien, gerade in der erzählerischen Mitte. Es gibt Versteckspielchen, es wird geschwindelt, dass sich die Balken biegen, immerhin bemüht man sich um eine gewisse Portion Zeitkolorit, um Dekoration, um eine Mischung aus Reichtum und Simplizität. Die Welt hier voller Spielernaturen, es gibt eine Mentorenschaft und einen zweifelnden und zweifelhaften Mentee, eine persönliche Rache als Motor des Ganzen, dramaturgisch ist das eher lose: Erst wird das Startkapital erwirtschaftet, dann mit einer Motorboothatz das Finish eingelegt. 110 Minuten veranschlagt man dafür, Celentano hat für sein Schauspiel einen Preis gewonnen (“Der Einzige, der hier totalen Einsatz bringt, bin ja wohl ich.“), Quinn spielt ihn aber jedes mal beiseite, auch Clery wirkt eindrücklicher, vor allem ist sie attraktiver.

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