Review
von Leimbacher-Mario
Ein verborgener Schatz
Kein animierter Disneyfilm hat im Vergleich zu seinem Budget weniger Geld in die Kinokassen gespielt als "Treasure Island". Zudem noch als die unzähligste Adaption der "Schatzinsel" kritisch beäugt und etliche Male verschoben auf Grund von Produktionsschwierigkeiten. Das 43. Animationsmeisterwerk des Mousekonzerns hatte es Anfang des neuen Jahrtausends nicht leicht. An seiner Qualität hat das zum Glück kaum gekratzt. Die Reise eines schwer erziehbaren Jungen zu einem Planet mit einem unermesslichen Schatz hat seinen Titel als Disneymeisterwerk absolut verdient und ist eines der audiovisuell imposantesten Werke des Studios, nicht nur der eher experimentellen 00er Jahre.
Zusammen mit "Atlantis" macht "Treasure Island" ein krachendes Doppel, das bei weitem nicht mehr nur für Kinder ist. Es ist ein vollwertiger Actionfilm zum Großteil. Singen, Verknallen und Schmachten war gestern. Dieses Piratenschiff ist eher Achterbahn als Märchenwald. Was nicht heißt, dass der Film nicht hübsch oder traumhaft ist. Ganz im Gegenteil. Selten haben die computeranimierten Bereiche besser in gemalte Landschaften gepasst, die Verlegung der klassischen Schatzinsel-Geschichte in eine vielrassige, bunte Zukunft funktioniert ebenfalls erstaunlich gut. Fast könnte man meinen, dass sich auch Luc Besson für seinen "Valerian" einige Anregungen geholt hat. Oder dessen Vorlage hat Disney inspiriert, wer weiß.
"Treasure Island" ist ein Sci-Fi-Abenteuer für die ganze Familie, bei dem es oft überraschend düster und ernst zugeht. Es werden nicht nur Figuren wortwörtlich vom Universum, schwarzen Löchern oder anderen Ungeheuern auf dem Weg verschlungen, auch thematisch wirkt Disney hier schon sehr erwachsen und seiner Zeit voraus. Heutzutage oder spätestens seit dem Kauf von Pixar wirken Themen wie das Erwachsenwerden ohne Vater nicht mehr super überraschend oder neu, doch damals, in einer Phase der Transformation und des Ausprobieren für die große Mickey Mouse, weiste das eindeutig die Richtung. Selbst wenn der erwähnte "Atlantis" ihn auch hierin überholte. Wenn man also mal ein Disney-Double Feature braucht, bei dem auch die Männer sicher auf ihre Kosten kommen sollen, findet man kaum ein besseres.
Fazit: der größte Flop in der Animationsgeschichte des Disneykonzerns hat seinen schlechten Ruf ganz und gar nicht verdient - ein wunderhübsches, futuristisches und actionreiches Abenteuer über Verwantwortung und Erwachsenwerden, dem man sein Budget in jeder Sekunde ansieht und dass vor allem kleinen (oder klein gebliebenen) Jungs viel Freude macht!
P.S.: Morph ist ein wirklich knuddelig-kreativer Sidekick!