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Rod Taylor spielt einen Anwalt, der sich in einer Zoohandlung in San Francisco einen Vogel kaufen will. Eine Kundin, gespielt von Tippi Hedren, möchte ihm einen Streich spielen und gibt sich als Verkäuferin aus, was er direkt durchschaut, weswegen er sie im Gegenzug hinters Licht führt. Obwohl sie sich sehr über den Anwalt ärgert, ist sie doch fasziniert von ihm, als sie ihn dann jedoch zu Hause aufsuchen will, wird sie von einer Möwe angegriffen und leicht verletzt. Bei diesem einen Angriff soll es jedoch nicht bleiben.

Mit "Psycho" begründete Alfred Hitchcock bereits Jahre vor John Carpenters "Halloween" das Slasher-Genre und setzte einen Meilenstein, was ihm mit "Die Vögel", dem Begründer des Tier-Horrorfilms, leider nicht ganz gelingt.

Im Wesentlichen liegt der Fehler in der ersten Hälfte des Films. Hitchcock verwendet die gesamte erste Hälfte ausschließlich für die Charakterkonstruktion der Hauptfiguren und baut hier kaum Spannung auf. Dies ist vor allem deshalb sehr ärgerlich, weil die Charakterkonstruktion noch nicht einmal so gut ist, wie sie sein könnte, die, sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen dem Anwalt und der etwas arroganten Frau ist dabei auch noch sehr kalkulierbar und zu keinem Zeitpunkt wirklich innovativ, weswegen "Die Vögel" erst in der zweiten Hälfte des Films auf einen wirklich zufrieden stellenden Unterhaltungswert kommt, zumal Hitchcock das Erzähltempo viel zu niedrig hält, sodass sich die Minuten zäh wie Gummi in die Länge ziehen.

In der zweiten Hälfte gewinnt der Film dann jedoch deutlich an Fahrt. Hitchcock beschleunigt das Erzähltempo immer mehr, baut permanent Spannung auf und entschädigt so zumindest teilweise für die langweilige erste Hälfte. Es ist wirklich beachtlich, wie bedrohlich der Altmeister dabei ein paar simple Vögel, wie sie in unseren heimischen Wäldern zu Millionen zu finden sind, mit seinen düsteren Einstellungen wirken lässt. Ohne, dass die Tiere schauspielern oder ähnliches könnten, wirken sie doch verschlagen und unberechenbar. Die Vogelstimmen, die praktisch permanent zu hören sind, wirken dabei ebenfalls überaus bedrückend. Hitchcock baut eine gespannte Atmosphäre auf, die in den finalen Szenen, wenn die Protagonisten schließlich an den Vögeln vorbei zum Auto gehen, fühlbar dicht ist. Die Romanze bleibt dennoch leider sehr vorhersehbar und zwar bis zum Ende.

Die Entscheidung Hitchcocks, keinen Score einzusetzen, obwohl er gerade bei "Psycho" damit Spannung erzeugen konnte und stattdessen nur Vogelstimmen als Ton zu verwenden zeugt zunächst einmal von großer Konsequenz, die der Altmeister des Öfteren gezeigt hat, mag auch Ton-technisch ein Meilenstein gewesen sein und ist darüber hinaus als Experiment ganz interessant, aber vor allem in der ersten Hälfte, die sich so schon zäh genug in die Länge zieht, vermisst man dann doch eine bedrohliche, spannende und dumpfe Filmmusik, die sicherlich bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine düstere Atmosphäre hätte kreieren können. In der zweiten Hälfte des Films geht das Konzept dann jedoch durchaus auf.

Mit Tippi Hedren wählte Hitchcock für seine Hauptrolle mal wieder eine junge, attraktive Blondine, die zuvor überhaupt keine Erfahrungen als Schauspielerin sammeln konnte. Dafür ist ihre Darstellung der arroganten Melanie durchaus gelungen, wobei auch der Wandel zur hilflosen Verletzten gelungen dargestellt wird. Hedren, die hier zeigt, dass sie die geborene Scream-Queen ist, spielte in "Marnie" erneut unter der Regie von Hitchcock. Rod Taylor überzeugt in seiner Hauptrolle ebenfalls restlos und zeigt vor allem beim unglaublich gespannten Finale, eine wahre Gala-Vorstellung. Der übrige Cast ist ebenfalls gut besetzt.

Fazit:
Nach einer gähnend langweiligen ersten Hälfte, die sich unglaublich zäh in die Länge zieht und zu allem Überfluss nicht weiter in die Tiefe geht und lediglich vom guten Cast im Ansatz getragen wird, folgt eine zum Glück wesentlich spannendere zweite Hälfte mit einer dichten Atmosphäre, die Hitchcock auch ohne Effekte, sogar ohne einen Score, aufbaut. Sehenswert, aber bei weitem nicht so gut wie "Psycho" oder "Das Fenster zum Hof".

70%

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