Review

"99.9" besticht durch die Ästhetik relativ grobkörniger Bilder, deren Farben weitgehend abgeblättert oder verblasst scheinen. Dafür lotet das dynamische Spiel mit Licht und Schatten die ganze Distanz an Grautönen (von optimistisch hellgrau bis tiefschwarz) aus und drückt so schon optisch ganz formidabel die  düstere Tristesse des ominösen Szenarios aus. "99.9" ist ein Horrorthriller, dessen Handlung nach einem fiebrig intensiven und recht krassen Einstieg bis weit ins zweite Drittel des Films vor allen Dingen von Dialogen und ruhigen Bildern getragen wird. Das Finale stellt dagegen vergleichsweise eine Eruption dar und kommt mit einigen recht drastischen Darstellungen physischer und psychischer Gewalt daher. Unattraktiv und sehenswert zugleich, bedient Villaronga mit diesen Szenen nicht den Voyeurismus eines Publikums, das auf billige Ekeleffekte aus ist, sondern schafft es, Gewalt als das darzustellen, was sich in den meisten Beiträgen des Genres auf den distanzierten  Zuschauer nicht überträgt.  In "99.9" wird die Bedrohung dagegen sehr gut spürbar. Damit erzielt der Film genau die Wirkung, die ein Horrorfilm eigentlich haben sollte.

Was den Film sehr attraktiv macht, ist neben der originellen Story auch deren subtile Umsetzung, da diese typische Klischees vermeidet. Ferner eine Cast, die von den Haupt- bis in die Nebenrollen ausnahmslos aus authentischen, sehr intensiv, aber dennoch absolut natürlich agierenden Schauspielern besteht, was der Glaubwürdigkeit der Rollen sehr zugute kommt. Ebenfalls eher selten geworden im Horrorbereich, sind Darstellungen des übernatürlichen Elements, die nicht artifiziell, prätentiös oder unecht wirken. Die Fremdheit, die Andersartigkeit des Übernatürlichen in "99.9" wirkt durch die geradezu untertriebene Umsetzung glaubhaft und real. Eine intelligente Auseinandersetzung mit dem Übernatürlichen, mit Hexerei und Aberglaube und zugleich eine (leider) seltene Erfahrung im Horrorbereich.

Fazit: Tolle Schauspieler, tolle Story, tolle Umsetzung, bei der lediglich diverse Fäden an Neben- und Hintergrundhandlung nicht wirklich sinnvoll mit dem Strang der Haupthandlung verbunden scheinen. Dafür gibt es unterm Strich auch "nur" 9 / 10 Fratzen im Fenster und die dringende Empfehlung, die Inhaltsangabe wegen der Spoilerwirkung vor dem Anschauen nicht zu lesen.


Inhalt:

Lara arbeitet als Moderatorin für eine Radiosendung, die sich mit übersinnlichen Phänomenen auseinandersetzt.. Eines Tages erhält sie eine Videokassette ihres Ex-Freundes, der heimlich mysteriöse Experimente durchgeführt hat. Auf den Aufnahmen sind seltsame Stimmen zu hören und unheimliche Erscheinungen zu sehen. Nachdem ihr Freund tot aufgefunden wird und die Polizei die Ermittlungen einstellt, reist Lara auf eigene Faust in das abgelegene, nahezu menschenverlassene Dörfchen in dem ihr Freund ums Leben kam. Dort manifestieren sich schreckliche Gesichter in Mauern...

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