Review

Aus filmhistorischer Sicht auf jeden Fall ein Must-See, denn das ein Film über 12 Jahre in Echtzeit gedreht wurde, um einen ungestellten Coming-Of-Age-Prozess darzustellen, scheint mir bis jetzt ein Novum. Und das das Geschaffene dann trotzdem technisch und inhaltlich wie aus einem Guß wirkt ist wirklich eine beachtliche Leistung.
Gezeigt wird das Heranwachsen eines Durchschnittsjungen in einer Durchschnittsfamilie mit Durchschnittumständen, Durchschnittsproblemen. Kein überinszeniertes Spektakel also, aber trotz dessen und einer nicht zu verschweigenden Dialoglastigkeit (die "Before ..."-Reihe läßt grüßen), weiss der Film den Zuschauer über die immense Länge von 160 Minuten zu binden. Die entscheidende Kunst von Linklaker liegt darin, eben jenen in regelmäßigen Abständen, je nach eigener Erfahrungsausprägung, an der Gefühlswelt des Protagonisten, aber auch der Nebenfiguren, teilhaben, gegebenenfalls sogar stark mitfühlen zu lassen. Angst, Frust, Vorfreude, Enttäuschung, Hoffnung, Unsicherheit und und und. Jeder zeitliche Abschnitt jeweils fokusiert auf eine bestimmte Situation des Menschseins und der zwischenmenschlichen Interaktion. Liebe, Hass, Harmonie, Streit, Miteinander, Füreinander, Gegeneinander.
Wer sich wieder Erwarten gar nicht wiederfinden kann, sollte wenigstens Unterhaltung in der Reflektion der medialen, technischen und kulturellen Entwicklung der letzten Jahre finden. Zeitgeist. Und auch für die die sich auch an dieser Stelle noch in keinster Form mit "Boyhood" idendifizieren können gibt es noch einen Strohhalm: die dauerhaften Anstöße, welche sicher jeden denkenden und fühlenden Menschen über das Sein und vor allem das Älterwerden, sowie die Interaktion mit seinen Nächsten sinnieren lassen.

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