"Ich dachte Bestrafung erfolgt nach dem Verbrechen."
Die Filme des Marvel Cinematic Universe wurden im Laufe der Jahre immer engmaschiger miteinander verflochten und begeistern bislang durch bombastische Action und leichten Humor. Mit "The Return of the First Avenger" geht die Reihe erstmals andere Wege, denn die erste Hälfte der Comic-Verfilmung ist ungewohnt düster und enthält Referenzen zur aktuellen politischen Weltlage.
Steve Rogers / Captain America (Chris Evans) gewöhnt sich nach seinem Kälteschlaf immer mehr an die Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts. Gemeinsam mit Black Widow (Scarlett Johansson) arbeitet er für die Organisation S.H.I.E.L.D. und kämpft gegen das organisierte Verbrechen. Sein letzter Auftrag lässt aber Zweifel an der korrekten Arbeitsweise der von Nick Fury (Samuel L. Jackson) geleiteten Organisation aufkommen.
Als Fury Opfer eines Anschlags durch den Auftragskiller Winter Soldier (Sebastian Stan) wird, bezichtigt das Weltsicherheitsrats-Mitglied Alexander Pierce (Robert Redford) Rogers, wichtige Informationen zurückzuhalten. Rogers wird plötzlich von seinen eigenen Leuten gejagt und versteckt sich vorübergehend mit Black Widow bei dem ehemaligen Soldat und Freund Sam Wilson (Anthony Mackie).
Was wäre, wenn ausgerechnet eine Organisation, die zum Schutz der Gesellschaft ausersehen ist, infiltriert worden wäre und sich gegen ihre eigenen Leute wendet? Wenn zwischen Freund und Feind nicht mehr zu unterscheiden ist? Dieses Szenario spielt "The Return Of The First Avenger" in sehr unterhaltsamer Weise durch, geht dabei allerdings ein ganzes Stück weiter als andere Superhelden-Produktionen aus der Marvel-Schmiede und fragt, was Vertrauen in einer ganz auf Sicherheit ausgerichteten Gesellschaft eigentlich noch bedeuten kann.
Der Film beginnt mit einer rasanten Geiselbefreiungs-Aktion, die aus einem beliebigen Agenten-Thriller entnommen sein könnte, sieht man von den utopischen, übermenschlichen Kräften der Protagonisten mal ab. Innerhalb der ersten Stunde verfolgt "The Return Of The First Avenger" dieses Konzept weiter, glänzt durch hervorragend choreografierte Nahkampf-Sequenzen, eine flotte Verfolgungsjagd im Auto sowie brachiale Straßengefechte. Assoziationen mit Christopher Nolan's "The Dark Knight" oder Michael Mann's "Heat" sind hier wohl durchaus erwünscht.
In der zweiten Hälfte beschreitet der Film aber dann doch wieder altbekannte Pfade und wird zu einem kunterbunten Effekthammer, der zwar unterhält, die vorherige Tiefe aber vermissen lässt. Gerade im Vergleich fällt plötzlich die seelenlose und abgedroschene Handlung auf. Ebenso stören die unlogischen und unglaubwürdigen Sequenzen umso mehr.
Trotz der zahlreichen Actionszenen nimmt sich die Comic-Verfilmung auch etwas Zeit für seine Charaktere. Ärgerlich ist dabei der erneute sehr geschönte Umgang mit den Figuren. Denn immer noch sind Marvel die Figuren zu wichtig, um konsequent auf sie zu verzichten.
Der Film wird von einem eingängigen Soundtrack temperamentvoll begleitet. Die Effekte sind detailreich und stehen den häufig zum Einsatz kommenden handgerfertigen Actionszenen und Stunts in nichts nach. Nach wie vor ist aber der 3D-Effekt ein belangloses Schmückwerk, welches dem Film nichts hinzufügt.
Auch der Wechsel zur Handkamera-Technik will den Bildern nicht ganz so gut tun. Ohne Frage sorgt er in den Action-Sequenzen für eine deutliche Intensivierung des Gezeigten und schmeichelt hier und da gar der vermittelten physischen Stärke. Doch wann immer die Kamera hektisch an den Charakteren klebt und genauso wild wie diese durch die Gegend spurtet, geht gleichzeitig stets ein wenig Übersichtlichkeit flöten.
Die Darsteller wirken eingespielt. Chris Evans ("Snowpiercer", "Sunshine"), Anthony Mackie ("Real Steel", "Tödliches Kommando"), Scarlett Johansson ("Prestige - Die Meister der Magie ") sowie Samuel L. Jackson ("Django Unchained", "The Spirit") harmonieren miteinander.
Erheblich blasser dagegen sind Sebastian Stan ("Black Swan") und Robert Redford ("Der Pferdeflüsterer", "Die Brücke von Arnheim"). Ihnen bleibt nicht genug Zeit auf der Leinwand, um sich zu profilieren.
"The Return of the First Avenger" ist der bislang anspruchsvollste und physischste Film der Marvel Cinematic Universe-Reihe. Durch die Mischung aus Verschwörungs-Thriller, Agenten- sowie Comic-Action, leichtem Witz und ordentlichen Effekten zielt der Film auf ein breiteres Publikum als sein Vorgänger. Dieses wird am ehesten Spaß haben, wenn es "Captain America - The First Avenger" gesehen hat. Denn die zahlreichen Verweise sind dann erheblich verständlicher. Wie üblich heißt es auch bei diesem Film, warten bis der Abspann durchgelaufen ist. Denn dort gibt es noch zwei zusätzliche Szenen.
8 / 10