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David Ayer ist ein Regisseur, der sich in seiner noch recht überschaubaren Werktätigkeit vor allem auf den Polizeifilm versteifte. Gute Cops versus schlechte Cops. Gewissen gegen Raffgier. Nestbeschmutzen contra kollegiales Wegsehen. Und wieder macht sich der Mann an einen filmhistorisch uramerikanischen Stoff: Die Ermittlung korrupter Bullen durch brave Vertreter des Berufsstands. Nur halten die nicht ganz gesetzestreuen Gesetzeshüter in Ayers neuestem Kinofilm nicht allein die Hand auf, sondern unterhalten auf ungewöhnliche Weise ein auf diesen Film nicht vorbereitetes Publikum. Oder eben nicht. Denn während „Sabotage" als eine Art Kumpel-/Buddymovie eingeläutet wird, mutiert er binnen Kurzem, unter Beimischung expliziter Gewaltdarstellung, zu einem waschechten Thriller, um dann schließlich in einem Rachefilm zu münden. Das hört sich wild an. Und nicht nur so mancher Fan Schwarzeneggers mag durch die höchst ungewohnte Performance seines in die Jahre gekommenen Actionhelden ein wenig überfordert sein. Doch macht Arnold genau das, was er schon früher hätte machen sollen. Er wagt sich auf neues Terrain und liefert einen überzeugenden Film ab, der allerdings nicht bequem als weiterer Genrebeitrag bezeichnet werden kann. Denn dazu müssten wir das Genre wissen.

Arnold Schwarzenegger gibt den alten, erfahrenen Boss einer Gruppe DEA-Beamter im Kampf gegen südamerikanische Drogenkartelle. Mit von der Partie sind unter anderem der Polizeifilm erfahrene Terrence Howard, die Zombie gejagte Mireille Enos und der Terminator geprüfte Sam Worthington. Da Papa Arnold aber meint, seinen Jungs und Mädels nach all den Jahren der Strapazen etwas zukommen lassen zu müssen, zwackt man zehn Millionen Dollar aus einem Antidrogen-Einsatz ab, um sich fortan ein angenehmeres Leben machen zu können. Doch das Ding geht schief und das Geld ist weg. Dafür hat man nun eine Menge neuer Feinde. Vom verärgerten Kartell über die Verdacht schöpfenden Vorgesetzten, bis hin zum womöglich untreuen und nun heimlich schwer reichen Ersatzbruder. Als dann die ersten Jungs der Gruppe von einem Unbekannten brutal ermordet werden, droht die Situation zu eskalieren.
Überraschenderweise ist hier, im Gegensatz zu Schwarzeneggers bisherigem Schaffen, nichts, wie es anfangs scheint und die Geschichte quasi nicht vorhersehbar. Dass Arnold obendrein den gebrochenen Familienvater gibt, dessen Frau und (für Schwarzeneggers Alter viel zu junger) Sohn vom Syndikat zu Tode gefoltert wurden, mutet im ansonsten heiteren Familientreiben des ehemaligen Kassenmagnets als pechschwarzes Element der Geschichte beinahe befremdlich an. Eigentlich ganz so wie sein echtes, inzwischen fast ebenso gruseliges Privatleben.

Der Hauptunterschied zu quasi allen seinen bisherigen Filmen, ist der, dass in „Sabotage" Arnold Schwarzenegger zwar zweifelsohne die Hauptrolle besetzt, dass die aber nicht im engeren Sinne auf ihn zugeschnitten ist. Ein Liam Neeson, ein Bruce Willis, auch ein Mark Wahlberg, ja sogar ein Tom Cruise hätten den DEA-Ermittler „Breacher" genauso mimen können. So ist David Ayers aktueller Kinofilm nicht nur kein traditioneller, sondern eigentlich überhaupt kein „Arnold-Film". Eher ein Polizeithriller. Moment. Haben wir jetzt doch ein Genre gefunden? Und sind wir überhaupt bereit, das nüchtern zu überprüfen? Oder blendet die uns aus der Spur schleudernde Überraschung? Die noch bestehende Fangemeinde muss jedenfalls erst noch verdauen und für sich herausfinden, ob sie geneigt ist, dem Kultösterreicher auf seine neuen Pfade zu folgen.

Pluspunkte sammelt „Sabotage" bei den Dialogen, die, vielleicht bis auf die während der finalen Verfolgungsjagd dahingehetzten Wortfetzen, beinahe immer voll zünden. Trotz des hier angerichteten Blutbads, nehmen sich der Film und seine Crew nonchalant das Recht heraus, stoische Späßchen und hammerharte Oneliner zu reißen. Und die sind nicht nur ausnahmsweise mal nicht geistlos, sondern laden fast zum Schenkelklopfen ein. Dabei gelingt Ayer wiederholt für einen kurzen Moment eine Atmosphäre, die ohne manisch cool sein zu wollen, authentisch lässig daherkommt. Diese restlos gelungenen Szenen hätten in ihrer Quantität gerne erhöht werden dürfen. Dass noch dazu die Blutschraube so ruckartig angezogen wird, dass so mancher Kinogänger geradezu verblüfft dreinschaut, schmälert den Unterhaltungswert erwartungsgemäß ebenfalls nicht gerade. Schwarzeneggers Aggressivität ist zurück. Und die haben wir schon seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr ehrlich bezeugen können.

Wenn man die eine oder andere Drehbuchholperigkeit gütig durchzuwinken bereit ist, wie etwa die der letzten Endes doch etwas gewagten Erklärung der Morde an den Teammitgliedern, dann bekommt man mit „Sabotage" einen gelungenen - nennen wir es - „Polizeithriller" serviert, der eigentlich einen Extrapunkt für Schwarzeneggers Mut verdient hat, mal was Neues zu versuchen. Kollege Eastwood, der sicherlich über ungleich größere mimische Handlungsmöglichkeiten verfügt, macht das seit zwanzig Jahren wunderbar vor.

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