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Die junge Mutter Sanna (Luise Heye) ist mit ihren beiden Söhnen, die von verschiedenen Vätern stammen, hoffnungslos überfordert. So muss sich der 9-jährige Jack (Ivo Pietzcker) um seinen jüngeren Bruder Manuel (Georg Arms) kümmern. Als sich dieser im heißen Badewasser verbrüht, entscheidet das Jugendamt, dass es besser ist Jack in ein Kinderheim zu stecken…

Das auf der Berlinale 2014 uraufgeführte Kinodebüt des erfolgreichen TV-Regisseurs Edward Berger (geb. 1970 in Wolfsburg, „Schimanski“, „KDD – Kriminaldauerdienst“, „Polizeiruf 110“ u.a.) beginnt mit zwei schlafenden Jungen in der Morgensonne. Doch die Harmonie trügt: Ihre Mutter entscheidet sich immer wieder für ihr eigenes Leben mit wechselnden, männlichen Bekannten und somit gegen ihre Söhne. Ein trauriges Schicksal, das auch im heutigen Berlin viele Kinder teilen. Als es Jack nicht mehr im Kinderheim aushält und Sanna ihn nicht zum vereinbarten Termin in die Ferien abholt, flüchtet der Junge aus dem Heim. Doch zu Hause ist niemand und auch der Schlüssel liegt nicht am Geheimplatz. Unter einem Vorwand holt er seinen kleinen Bruder bei Mamas Freundin ab, wo Manuel schon seit Tagen abgeschoben ist, und dann beginnt einen Odyssee durch die Straßen der Hauptstadt – immer auf der Suche nach ihrer Mutter oder zumindest einem Schlafplatz für die Nacht.
Die Geschichte wird dabei komplett aus der Sicht von Jack gezeigt. Wortkarg und mit der ernsten Miene eines Kindes, das schon viel zu viel erlebt hat und das früh Verantwortung übernehmen musste, rennt er wie ein Getriebener durch die Straßen Berlins, anfangs allein, dann mit dem Jüngeren im Schlepptau. Auf seine Mama lässt er nichts kommen, die kindliche Liebe ist stärker als die Zweifel an ihrem Verhalten. Der Zuschauer ist berührt, schließlich sieht er die Situation ganz anders. Irgendwann werden dann Jacks Schritte langsamer. Am Ende des Films wird er einen sehr erwachsenen Entschluss fassen. Ivo Pietzcker spielt in seinem Filmdebüt hochrealistisch und trägt das Drama auch in den ruhigen Szenen allein auf seinem schmalen Schultern. Kleine Längen stören da weniger als das nicht immer nachvollziehbare Verhalten der Erwachsenen, welche die Kinder einfach nicht beachten, abgesehen von einem verkaufseifrigen Verkäufer im Elektronikmarkt in den Wilmersdorfer Arcaden. (8/10)

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