Review
von Leimbacher-Mario
Die Kraft der Gemeinschaft
„Girlhood“ ist weit mehr als ein klassisches Coming-of-Age-Drama. Ein echter Nachfolger im Geiste der Nouvelle Vague. Godard und Truffaut sind sicher sehr angetan von dieser besonderen Gangstory irgendwo zwischen „Moonlight“, „La Haine“ und „American Honeymoon“. Erzählt wird von einer jugendlichen, dunkelhäutigen Französin in einem der ärmeren Vororte von Paris. Vorbild für ihre kleine Schwester, recht schüchtern, schlaksig, unsicher, oft geschlagen und krankhaft beschützt von ihrem Bruder, schließt sie sich einer (mit ihr) vierköpfigen Mädchenbande an und entwickelt ein ganz neues Gefühl für sich selbst, wer sie sein und wohin sie gehen will, was sie schaffen kann und wer ihr etwas zu sagen hat..
Oft wird von starken Frauenfiguren und umgangenen Klischees geredet - „Girlhood“ bleibt jedoch nicht nur beim Wort. Hier wird gemacht und nicht nur geschwatzt. Selten war man derart nah an Figuren, die sich vollkommen echt anfühlen. Selten waren junge Mädchen derart frei und sie selbst, natürlich und frisch, schwarz und stolz. Eine kostbare Momentaufnahme einer Generation von Frauen, die noch zu sich finden muss, dazu jedoch alle Kraft der Welt in sich trägt. „Girlhood“ sagt viel ohne große Worte oder kitschige Gesten. Nur am besten die grausige deutsche Synchro umgehen. „Girlhood“ hat mich wirklich berührt, ist dabei keinesfalls nur ein trockenes Drama oder eine artsy fartsy Arteproduktion. Mit Sicherheit einer der wichtigeren französischen (und europäischen) Filme der letzten Jahre. Fast ein moderner Klassiker. Doch das wird sich zeigen und dafür müssen ihn noch mehr entdecken. Vor allem junge Mädchen. Egal ob schwarz oder weiß. Mensch sein reicht.
Fazit: „Girlhood“ ist ein selbstbewusstes, hübsches und sogartiges Drama. Für seine Protagonistinnen gilt dasselbe. Das sieht man mit dieser Potenz und Konzentration selten. Stark gespielt, unaufdringlich feministisch, perfekt inszeniert, mit aktuellen sowie zeitlosen Themen und einer packenden Atmosphäre vom Start weg. „Girlhood“ ist zugänglich und dennoch künstlerisch wertvoll. Sollte mehr sein als nur ein Hidden Gem!