In einer nicht allzu fernen Zukunft wurden Mutanten von den "Sentinel" genannten und für die Jagd nach Lebewesen mit dem X-Gen konstruierten Robotern fast vollständig ausgelöscht. Eine Gebirgsfestung in einem nicht näher bezeichneten Teil Chinas stellt die wohl letzte Bastion dar und die dort verschanzten Mutanten ergreifen auf der Suche nach Rettung einen Strohhalm, gilt es doch, das Bewusstsein Wolverines durch die Zeit zurück zu schicken, um all das Leid, das in den letzten fünfzig Jahren geschehen ist, zu verhindern. Logan steht in den Siebzigern allerdings vor dem Problem, dass Professor Xavier und Erik Lensherr keine Freunde, sondern Feinde sind und der jüngere Xavier aufgrund jüngster Ereignisse die Hoffnung aufgegeben und sich dem Alkohol zugewandt hat, und die Zeit verstreicht viel zu schnell.
Soweit zur Geschichte. X-Men - Days of future past fügt sich nahezu nahtlos in das bestehende X-Universum mit seinen Filmen ein, er bietet Querverweise zu allen Teilen, dass es eine Freude ist, die Logan-Spin-Offs mal ausgenommen. Im Prinzip wird der Stil von X-Men: First Class fortgeführt, allerdings gestaltet sich der aktuelle Teil meines Erachtens nach etwas trauriger, deprimierender, was nicht zuletzt auch an James McAvoys jungem Xavier liegt, der verbittert mit seinem Traum hadert, seine Maxime "Each dream worth having is a dream worth fighting for" hat er ersetzt durch eine Droge, die die Stimmen der anderen in seinem Kopf blockiert, die Droge setzt seine übernatürlichen Fähigkeiten außer Gefecht, hat allerdings nicht nur Nachteile. Für mich ist McAvoy sowieso einer der besten Darsteller der Gegenwart, der in jedem Film zu brillieren vermag. Michael Fassbender auf der anderen Seite lässt bei seinem Magneto nur selten Emotionen zu, vielmehr gleicht sein Blick mitunter der einer Maschine, Prometheus lässt grüßen. Ich muss aber auch sagen, dass jemand mit einer derart traumatischen Vergangenheit und solch loderndem Hass meines Erachtens nach durchaus jegliche Emotionalität vermissen lässt, insofern scheint mir die Darstellung Magnetos passend, aber wie gesagt wird hierbei der Vorgänger weitergeführt.
Die Inszenierung selbst finde ich durchaus gelungen, aber es gibt ein "Aber". Dem Plot entsprechend und schon zuvor erwähnt gestaltet sich die Geschichte weniger locker, was angesichts der drohenden Vernichtung und der charakterlichen Entwicklung der Hauptfiguren Professor X und Magneto logisch erscheint, führt aber auch dazu, dass mir First Class besser gefallen hat. Bitte nicht falsch verstehen, ich finde immer noch, dass Days of future past die Serie konsequent weiterspinnt und die Verfilmung passt zur Geschichte, doch wie gesagt ist die Atmosphäre eine angespanntere, Endzeit und so. Aber ehrlich gesagt, darunter tun sie s doch nicht, wenn die Welt nicht am Abgrund stünde, bräuchte sie auch keine Helden, wie passend und für die Zuschauer vorteilhaft, dass sich immer wieder neues Unheil zusammenbraut. Die Inszenierung ist besonders im mittleren Teil eher ruhig, gefällig und ja, mitunter auch langatmig, aber der rote Faden wird dabei nicht aus den Augen verloren. Auch was die Anzahl der Mutanten angeht, von den neuen Mutanten der finsteren Zukunft bis hin zu denen der Gegenwart erhält jeder seine fünf bis fünfzehn Minuten Ruhm und lässt somit genug Platz für die eigentlichen Charaktere. Auf der anderen Seite ist das auch schade, besonders Peter (hieß der nicht mal Pietro?) Romanoff hat einen wichtigen Part, nur um nach relativ kurzer Zeit fast völlig aus dem Film zu verschwinden. Dafür liefern er und das (SF) X-Team beim Gefängnisausbruch eine reife, toll in Szene gesetzte und auch denkwürdige Leistung ab. Auch die Kräfte der jungen Mutantin Blink (Teleportationslöcher), die ich in den Comics immer recht uninteressant und langweilig fand, wurden erstklassig und durchaus auch recht kreativ umgesetzt. Weniger kreativ gestaltet sich die Story in manchen Passagen, so erinnert Logans Rückkehr in die Vergangenheit gewollt oder ungewollt (eher gewollt) noch amüsant an eine andere Filmreihe mit einem Haufen durch die Zeit reisender biokybernetischer Organismen und einen damit berühmt gewordenen Österreicher, während andere Elemente, je weiter der Filmverlauf voranschreitet, zunehmend wie ein vorhersehbarer Matrix-Abklatsch wirken. Auch verderben einige Logiklücken den ungehemmten Spaß, beispielsweise die Szene aus dem Trailer, in dem Jennifer Lawrence Mutanten aus einem Lager der US-Armee befreit, deren Mutationen dermaßen offensichtlich sind, dass ich mich gefragt habe, wie sie überhaupt dorthin gelangt sind oder sind sie etwa alle zur gleichen Zeit mutiert? Unwahrscheinlich, ebenso wie die Szene, in der sie sich mitten in besagtem Lager verwandelt, sehr gewagt und unlogisch. Und auch gegen Ende hin betreibt Magneto viel zu viel Aufwand, schon mit weit weniger hätte er das Sentinel-Programm stürzen können - und die gesamte Nixon-Regierung gleich mit. Ego ist so eine Sache.
Die Charakterzeichnung Bolivar Trasks, dem Erfinder der Sentinels, dargestellt vom Game-of-Thrones-Liebling Peter Dinklage, und seine Motivation bleiben recht blass, was angesichts des verschenkten Potenzials der Figur und des Schauspieler doppelt ernüchternd ist. Und Jennfer Lawrence, naja, ich bin kein Fan von ihr und fand ihre Auftritte angemessen, aber nicht herausragend. Zu sagen, dass sie Mystique mehr Tiefe verleiht als Rebecca Romijn, halte ich für übertrieben.
Den aktuellen Film stufe ich etwas schwächer ein als noch seinen Vorgänger, vor allem fehlt mir die entspanntere Atmosphäre von X-Men: First Class, nichtsdestoweniger bietet er einige frische Ideen, kreativ umgesetzte Kräfte und überzeugende Hauptdarsteller. Vielleicht färbt das ja auch auf die Rächer ab, die gestalten sich in meinen Augen geradezu langweilig. Den großen Grünen mal ausgenommen.
Nach dem langen Abspann gibt es wie üblich noch eine Szene zu sehen, die, es ist ja kein Geheimnis mehr, das Zeitalter der Apokalypse einleitet.