Josefine Mutzenbacher (1970)

Die vornehme Lady J. (Kai Fischer) diskutiert mit dem Herrn Ministerialrat Marbach (Bert Fortell) nach einer Fiaker-Rundfahrt durch Wien in einem billigen Stundenhotel über Sitte & Moral, da dieser vor kurzem ein Buch zu dieser Thematik veröffentlicht hat & sie seine Ausführungen für grundlegend falsch hält. Um ihre Sicht der Dinge zu untermauern, erzählt sie ihm aus dem Leben der Wiener Dirne Josefine Mutzenbacher (Christine Schuberth)...

Kurt Nachmanns Josefine Mutzenbacher ist kein platt-plumper Sexfolm, wie man es bei der Produktionsschmiede Lisa-Film erwarten könnte, sondern eine durchaus ambitionierte Erotik-Dramödie, die neben dem hübschen Zeitkolorit auch tief ins Milieu der ärmlicheren Bevölkerung eintaucht. Inhaltlich wird es phasenweise heikel (Kinder gaffen, der Papa macht’s mit der Tochter, der (falsche) Pfaffe rammelt, aufgegeilt von ihrer Unkeuschheit, die Josefine, immerhin ironisch gebrochen mit dem aus der Uhr hüpfenden Kuckuck & dem Halleluja auf der Tonspur), verstärkt dadurch, dass es dem Mädchen überhaupt nichts auszumachen scheint. Aber das zeichnet sie ja aus, der Spaß am Vögeln, egal wo, egal wann, egal mit wem. Drum ist sie an ihrem Beruf (ihrer Berufung?) auch nicht zugrunde gegangen wie tausende andere.

Neben dem passablen Schauspiel, der hübschen Ausstattung & der guten Kamera (u. a. eine lange Kamerafahrt entlang einer obszön bekritzelten Mauer) erfreut der Streifen mit üppigem Wiener Charme bzw. Schmäh, was der Geschichte, unterstützt von einer Handvoll Lieder ("Blos, Madl, blos, waunst blost dasporst da wos, die Windln & die Kinderwiegn, wer blost braucht kane Kinder kriegn, blos, Madl, blos."), einen recht authentischen Vibe verleiht. Die Zenzi, welche die Josefine unter ihre Fittiche nimmt, wird gespielt von Renate Kasché, die mich erst vor kurzem in Eine Armee Gretchen beeindruckt hat. Unterm Strich also ein etwas anderer Erotikfilm, der manchmal auch einen bitteren Beigeschmack hat. Aber keine Sorge: Am Ende ist alles gut & an Gspaßlaberln (= Brüsten) herrscht ebenfalls kein Mangel.