Ich kannte Wim Wenders zwar schon immer, hab mir jedoch noch nie einen seiner zahlreichen Filme angesehen. Nicht, weil ich irgendwelche Vorurteile hatte, sondern einfach aus dem ganz einfachen Grund, dass kein Interesse vorhanden war. Gestern hab ich mir dann also zum ersten Mal einen Film des deutschen Regisseurs angesehen, nämlich sein neuestes Werk, "The Million Dollar Hotel". Und ohne jetzt andere Filme von Wenders gesehen zu haben, lässt sich sofort begründet behaupten, es handelt sich nicht um einen normalen Regisseur, sondern eher um einen Menschen, der gern etwas andere Filme bevorzugt. Denn in "The Million Dollar Hotel" ist Nichts und Niemand nur annähernd normal oder Durchschnitt. Was aber nicht unbedingt negativ sein muss.
Zu Beginn gleich der erste Geniestreich. Eine atemberaubende Kamerafahrt durch die Skyline einer amerikanischen Stadt offenbart sich dem Zuschauer. Letzten Endes sieht er dann eine Person, die sich bald als eigentlicher Protagonist des Films herauskristallisieren wird und in dieser Szene auf dem titelgebenden Hotel steht. Dazu erklingt ein wunderschönes Lied, was zur Folge hat, dass aufgrund des Liedes und der genialen Kameraarbeit der Eindruck entsteht, man befinde sich in einem Musikvideo. Anschließend beginnt genau diese Person, dem Zuschauer die ganze Geschichte, um die sich "The Million Dollar Hotel" dreht, zu erzählen. Diese Story ist eigentlich wahnsinnig dünn, aber Wenders schafft es, mit wunderschönen, aber auch eigenwilligen Bildern den Film wirklich in die Länge zu ziehen, ohne sein Werk aber langweilig zu machen.
Hier ist aber auch gleichzeitig das Problem des Films. Denn für Fans von Mainstream-Filmen wird dieser hier wahrscheinlich zum Kotzen sein, weil sie mit dem Ambiente und den Charakteren leidlich wenig anfangen können, leben in dem heruntergekommenen Hotel - es ist heruntergekommen, auch wenn es solch einen pompösen Titel trägt - nur Geistesgestörte, die allesamt auf ihre Art und Weise völlig verrückt sind. Da wäre die Hauptperson Tom-Tom, dessen Verhalten wirklich nicht dem eines "normalen" Menschen gleicht, der etwas exzentrische Maler Geronimo oder auch der Musiker Dixie, der sich für das eigentlich offizielle fünfte Mitglied der Beatles hält. Gut, nur durchs Lesen wird sich deswegen jetzt noch keiner ein Bild von dem machen können, was ihm dann eigentlich beim Ansehen des Films erwartet. Ich kann euch aber versprechen, dass sich sogar totale Hassgefühle für die Beteiligten des Films entwickeln und ausbreiten können, wenn man nicht z.B. ein Faible für Independent-Filme hat. Denn irgendwie kann "The Million Dollar Hotel" zweifelsohne als solcher bezeichnet werden, trotz Mitwirkung eines Mel Gibson, der den Cop Skinner mimt. Dieser ist aber nicht minder chaotisch und verrückt als die Einwohner des Hotels, unter denen er den Mörder des Poeten Izzy, der beste Kumpel Tom-Toms, finden muss.
Wenders nimmt sich hierbei dermaßen viele Freiheiten, dass sein Film wirklich ungewöhnlich und in gewisser Weise einmalig und einzigartig ist. Es wird nämlich nicht klar, welcher Handlungsstrang jetzt der hauptsächliche, der essentielle ist. Wie in den meisten Filmen gibt es in "The Million Dollar Hotel" nämlich auch ein paar Nebenhandlungen, die aber sozusagen fast gleichgestellt sind mit der eigentlichen Haupthandlung, welche die Nachforschungen des Cops in dem heruntergekommenen Hotel darstellt.
Die Schauspieler geben zum Teil wirklich herausragende Leistungen ab, vor allem Jeremy Davies als Tom-Tom hat mich voll und ganz überzeugt. Aber auch Milla Jovovich und die anderen Akteure, die die Verrückten spielen, agieren wirklich sehr glaubwürdig und nachvollziehbar.
Also "The Million Dollar Hotel" sollten sich nur Wim-Wenders- und Independent-Film-Fans ansehen und solche, die es wirklich mögen, etwas andere Filme anzusehen. Teilweise erinnert mich Wenders, nur an "The Million Dollar Hotel" gemessen, an einen Tom Tykwer, wobei dessen Filme dennoch um Einiges besser sind. Wenders Werk ist ein poetisches, realistisches Erlebnis, dass auf den ersten Blick unglaublich naiv erscheint, aber zum Schluss doch fast nur Wahres wiedergibt. Dennoch Geschmackssache! 7,5/10 Punkte