Herkules. Das ist der Typ mit dem Löwenfell und der Keule. Und mit der haut er unter anderem Drachen und Wildschweinen auf den Schädel. Oder Intriganten.
Der, so munkelt man hier, Halbgott Herkules verdingt sich in dieser filmischen Adaption des Graphic Novels „Hercules: The Thracian Wars" (2008) unter der Regie von Brett Ratner (u.a. "Rush Hour", 1998) als moralingedopter Söldner, der für Geld nur für die Guten kämpft. Das macht es erstens für das breite Publikum leichter, sich mit dem Kerl anzufreunden und erlaubt es zweitens auch den Jüngsten, die aktuellen Abenteuer des Anabolikahelden zu verfolgen. Und zwar ohne seelische Blessuren davonzutragen oder auf dumme Ideen zu kommen. Der antike Herakles wäre nämlich kaum ein ungetrübt leuchtendes Beispiel für unsere Kleinen, denn seinen Musiklehrer erdrosselt man nicht. Auch nicht, wenn er mal nervt. Und seine eigenen Nachkommen ermorden, da sind wir uns alle einig, geht gar nicht. Auch nicht im göttlichen Suff.
Aber die Zeiten sind heute zumindest im Kino humaner und so erleben wir einen sympathischen Heros, dem wir vertrauen. Selbst wenn er irrt. Denn beim besten Willen bleibt ein bezahlter Auftrag eben nur eine Fremden geleistete Dienstleistung. Und deren Hintergründe entziehen sich nicht nur unserem Helden. Doch bis der dahinter kommt, dass er diesmal sein Geld sozusagen unredlich verdient, sind bereits Massen an Monstern und menschlichen Gegnern erschlagen und wir über neunzig Minuten immerhin leidlich unterhalten worden. Denn, so wenig ideenreich das Gekloppe hier auch dargeboten wird, die Bauten sind ansehnlich arrangiert, die Darsteller gut aufgelegt und die Dialoge zumindest nicht störend. Und das ist angesichts der Konkurrenz derzeit im Lichtspielhaus durchaus beinahe ein Prädikat.
Es wird sogar fast ein wenig pädagogisierend in Thrakien. Der Gegend im Nordwesten Griechenlands, zur der Herkules (Dwayne Johnson) und seine Kumpels ihrer Auftraggeberin folgen, die das Gewicht der Männer in Gold aufzuwiegen verspricht, wenn sie den Gegner ihres Vaters (John Hurt), des amtierenden Königs, besiegen. Denn wir werden nicht nur dagegen geimpft, Fremden einfältig zu vertrauen, wir sollen auch dahingehend sensibilisiert werden, die wahre Geschichte hinter einem Helden zu hinterfragen. Der nämlich akzeptiert hier zwar grummelnd, dass der junge Geschichtenerzähler seines Häufleins den Mythos Herkules mit Blick auf die Söldnerkasse ausschmückt und in die Welt hinaus trägt, doch werkelt er selbst, so gut er kann, an seiner eigenen Entzauberung. Und der der anderen. Ob er nun seine eigene Vergangenheit relativiert und sich eifrig im Understatement übt oder ob es der Gegner etwa in Form von Zentauren ist, die sich letztlich als Reiter im Nebel und damit als genauso entmythologisiert entpuppen wie die angeblich allein zu Wege gebrachten berühmten zwölf Heldentaten des antiken Heros.
Schade zwar, dass bei all der Aufklärung im Land der Thraker die Logik der Geschichte nicht selten arg strapaziert wird, doch erwarten wir bei einem Fantasy-Spektakel wie dem hier auch keinen nüchternen Schlachtplan. Apropos Abschlachten. Davon gibt es hier angemessen viel in zudem angemessen kurzen Intervallen. Mangelnde Substanz wird durch Action ausgebessert. Das ist ein legitimer und eigentlich löblicher Ansatz. Erwartungsgemäß ebenfalls schade allerdings, dass die Story selbst bei all dem Gemetzel zwar nicht kindgerecht ist, doch leider just so aufbereitet wird. Da fährt ein Sichel bestückter Streitwagen durch die Reihen des Gegners, die dadurch keinen zumindest im engeren Sinne schlimmen körperlichen Schaden nehmen. Obwohl sie anschließend mausetot sind. Das ist nicht nur für hartgesottene Freunde von Gekröse, sondern auch mindestens für jeden zweiten Spießbürger zum Gähnen.
Die Geschichte ist brutal, ihre Bilder sind es nicht. Dazu passt der dozierende Grundtenor wie die Faust aufs Auge. Schurken und (Kinds-)Mörder werden im wahrsten Sinne knüppelhart bestraft - das mag man je nach politischer Gesinnung angemessen oder bedenklich finden -, aber es geschieht eben visuell kindertauglich. Der Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit werden wie in ähnlich gelagerten Produktionen also routiniert zum Sieg verholfen. Nur ohne die unschöne reale Manscherei. Schade, dass das in der nicht selten erschreckend echten Welt nicht auch so einfach geht.