Es ist ja im Filmgeschäft üblich alles fortzusetzen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, auch wenn sich das Original schwer fortsetzen lässt. So ein Fall ist auch „Psycho“, doch der zweite Teil ist überraschend gelungen.
Nach langer Inhaftierung in der geschlossenen Anstalt entlässt man Norman Bates (Anthony Perkins) als geheilt. Zwar reagiert die Öffentlichkeit mit Protest, doch man lässt ihn trotzdem laufen, damit er wieder Teil der Gesellschaft wird. Im Zuge der Resozialisierung bekommt er unter anderem einen Job als Kellner in einem Diner und übernimmt wieder die Leitung des Bates Motels. Das Bates-Anwesen kommt auch in Farbe ziemlich gruselig rüber und hat eine ähnliche Wirkung wie im schwarzweißen Original.
Doch dann häufen sich seltsame Vorfälle: Norman wird von Erinnerungen an seine Mutter geplagt und bekommt Zettel von jemandem, der sich als seine Mutter ausgibt. Langsam beginnt er an seinem Verstand zu zweifeln. Ist er immer noch eine Gefahr für sich und andere wie z.B. die junge Kellnerin Mary (Meg Tilly), die er bei sich aufnimmt?
„Psycho 2“ erweist sich als überraschend spannende Angelegenheit, welche den Faden des Originals konsequent weiterspinnt. So bleibt die Frage spannend, wer hinter der Sache steckt. Wird Norman wieder verrückt oder möchte ihn jemand in den Wahnsinn treiben. Verdächtige wie den Motelverwalter Warren Toomey (Dennis Franz), den Norman feuert, gibt es genug. Sobald der Zuschauer zur Halbzeitmarke glaubt das Spiel zu durchschauen, bekräftigt ihn „Psycho 2“ auch noch in dieser Annahme – um diese Sicherheit bald wieder zu zerstören. Gegen Ende bekommt man dann endlich die unerwartete, überraschende Lösung präsentiert, bevor noch eine fiese Schlusspointe den Film abrundet.
Das geschickte Whodunit bleibt die meiste Zeit über recht spannend, da Regisseur Richard Franklin sein Handwerk versteht. Geschickt werden auch optisch Motive aus dem Original aufgenommen und variiert (z.B. die neue Duschszene inklusive Bespitzeln durch ein Loch in der Wand). Zwischendurch wird auch ein bisschen geschlitzt und geslasht, um das Geschehen bedrohlicher werden zu lassen und klarzumachen, dass hinter dem Ganzen nicht nur ein dumme-Jungen-Streich steckt. Diese Atmosphäre nutzt Franklin dann für spannende Szenen, in den entweder jemand dran glauben muss oder dem Zuschauer dies vorgegaukelt wird, aber am Ende aber doch nichts passiert.
Letzten Endes steckt der Teufel jedoch im Detail und so sind es diverse kleinere Mängel, die „Psycho 2“ den Aufstieg zum Topfilm des Genres verwehren. So kommt der Film zu einen etwas sehr langsam in Fahrt, zum anderen sind einige Charaktere doch sehr flach geraten (z.B. der dreiste Motelverwalter, der nur schmierig und unhöflich ist und sonst nichts). Zudem kann „Psycho 2“ ein paar etwas peinliche Szenen wie z.B. Normans doch etwas übertriebene und lächerliche Panikattacke im Schnellimbiss nicht vermeiden und gewinnt daher nicht ganz die Raffinesse des Originals.
Anthony Perkins macht aber trotz des Overactings in ein paar Szenen wie der angesprochenen Panikattacke erneut einen wirklich guten Job und erweist sich als sehr überzeugende Verkörperung von Norman Bates. Dennis Franz hingegen wird nicht so ganz mit seiner flachen Figur fertig, Meg Tilly gibt eine gute weibliche Hauptdarstellerin ab und auch die sonstige Besetzung (u.a. Tom Holland und Robert Loggia) macht einen guten Job.
Unterm Strich bleibt eine überraschend gelungene Fortsetzung zu Hitchcocks Klassiker, die recht spannend und unvorhersehbar ist, aber mit ein paar Längen und kleineren Schwächen zu kämpfen hat.