ACHTUNG ! SPOILER !
Puh! Was für ein Spektakel. Da bleibt kaum Zeit um Luft zu holen. Zumindest in den letzten 20 Minuten des Films.
EL CASTILLO DES LOS MONSTRUOS von Julian Soler ist eine mexikanische Horrorkomödie im Stile von „Abbott und Costello treffen Frankenstein“, allerdings in jeder Beziehung auf deutlich niedrigerem Niveau. Weder die Ausstattung, noch die technischen Effekte und Make-up Künste, noch das Drehbuch oder der Humor können mit dem rund 10 Jahre früher entstandenen Film mithalten. Die komische Hauptrolle des 88:16 Minuten langen Films spielt Antonio „Clavillazo“ Espino, „el mas grande comico de Mexico.“ Äußerliche Markenzeichen dieses beliebten Komikers waren die viel zu großen Anzüge und seine seltsamen Kopfbedeckungen mit denen er in allen seinen Filmen auftrat.
In diesem Film trifft er auf einen Mad Scientist Namens „Dr. Sputnik“ (Carlos Orrelana, der auch am Drehbuch mitgearbeitet hat), aus dessen Klauen er seine Verlobte Beatriz (Evangelina Elizondo) befreien muss. Sputnik beherbergt in seinem Schloss u.a. ein Frankenstein Monster, einen Wolfsmenschen, eine Mumie, einen Affenmenschen, einen Vampir und einen Fischmenschen, der aussieht wie das Monster aus dem Film „The Creature from the Black Lagoon“.
Der Anfang des Films ist überaus gelungen: Zur dramatischen Orchestermusik von Gustavo Cesar Carrion (die später in weiteren Filmen Verwendung fand) sehen wir einen Pferdekarren eine neblige Allee entlang fahren. Dann folgen mehrere, durch harte Schnitte getrennte Großaufnahmen von den sich langsam drehenden großen Holzrädern des Karren, vom Kopf des Pferdes, von zwei Krallenhände, die die Zügel halten und nochmals von den Rädern. Dann laufen die Credits über den im Hintergrund die Allee entlang fahrenden Pferdekarren. Anschließend zoomt die Kamera auf das durch eine Narbe entstellte Gesicht eines Mannes (Guillermo Orea) der vor einem düsteren Schloss sitzt und den Karren in Empfang nimmt.Der Karren transportiert einen Sarg, der von einer Gestalt, die ähnlichkeit mit Frankensteins Monster hat, in das Schloss getragen wird.
Nach dieser eindrucksvollen und vielversprechenden Sequenz muss man sich dann leider für die nächsten rund 45 Minuten mit einer recht einfallslos erzählten romantischen Liebesgeschichte abfinden, die durch eine völlig überflüssige Episode mit einem „Irren“ noch zusätzlich in die Länge gezogen wird.
Nach dem großartigen Auftakt folgt der erste Auftritt Clavillazos: Er verlässt gerade seine Wohnung und „begrüßt“ mit einem lauten Seufzer und ausgelassen gestikulierend den neuen Tag. Und sobald man als Zuschauer die steile Treppe neben seiner Wohnung sieht, ahnt man schon, was unweigerlich kommen wird (und das gleich zwei Mal): Clavillazo stürzt die Stufen hinab. Im Verlauf des Films sorgt der Darsteller dann noch für einige weitere, leidlich komische Slapstick-Einlagen dieser Art. Diese Szenen kann man ja noch mit einem gewissen Wohlwollen hinnehmen und darüber schmunzeln. Allerdings wird man auf die Dauer durch Clavillazos expressionistische Art der Darstellung wirklich auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Der Komiker trägt seine Texte in jeder Szene mit exaltierter Gestik vor, wobei er vor allem mit seinen Händen hemmungslos herumfuchtelt. Dazu deklamiert er seine Monologe lautstark und mit extrem überzeichnetem und aufdringlichem Sprachduktus. Und Clavillazo redet viel, um nicht zu sagen: pausenlos. Da braucht man wirklich starke Nerven. Bezeichnend sind hier die Szenen, in denen Clavillazo mit den Monstern kämpft. Auf den Wolfsmenschen z.B. quatscht er so lange ein, bis dieser entnervt von ihm ablässt, und während er mit Dracula einen Faustkampf (!) austrägt, brabbelt er ohne Punkt und Komma vor sich hin.
Evangelina Elizondo, die die Rolle der Beatriz in diesem Film spielt, sagte in einem Interview über Clavillazo:
„He was an extraordinary comedian with a unique personality. His trademark was the silly hats he wore. He had a special way of talking that was very amusing.“ *
Nachdem der Regisseur der Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptdarstellern viel Zeit gewidmet und auch noch eine unnötige Episode um eine seltsame Pension eingeschoben hat, in dem ein total durchgeknallter Darsteller (Arturo Cobo) brüllend und tobend einen haarsträubenden Auftritt absolviert, erreicht die Handlung schließlich ihren turbulenten und lautstarken Showdown im Schloss von Dr. Sputnik. Die nun auftretenden, von einem gewissen Antonio Neira Castillo geschaffenen Monster, haben zwar nur eine geringe Ähnlichkeit mit den „klassischen“ Vorbildern, sind insgesamt aber doch akzeptabel. Die Mumie sieht aus wie ein Mann mit Streuselkuchengesicht und schlurft, wenig Furcht einflößend, durch die Kulissen. Ziemlich schnell findet sie ein unrühmliches Ende in einer Grube voller Krokodile (na ja, genauer gesagt: 2 Krokodile, von denen eines augenscheinlich aus Gummi ist). Zurück bleiben nur einige Bandagen. Der Wolfsmensch (Vicente „Cacama“ Lara) sieht aus wie ein Mann mit sehr starkem Haarwuchs und schlechten Zähnen und rennt zumeist grunzend und mit ausgestreckten Armen hinter Clavillazo her. Das Frankenstein-Monster hat eine große Narbe quer über der Stirn und die bekannten Bolzen am Hals, bewegt sich aber völlig normal und erscheint insgesamt wenig monströs. Der distinguierte Vampir mit den viel zu langen Eckzähnen wird von German Robles dargestellt, der kurz zuvor in der Titelrolle des Films „El Vampiro“ (1957) einen großen Erfolg in Mexiko gelandet hatte. Hier hat er nicht viel mehr zu tun als mit weit aufgerissenem Mund hinter Clavillazo herzurennen (teils in Zeitraffer gefilmt) und sich der Lächerlichkeit preiszugeben. In Szenen wie diesen schlägt der Film dann auch von Komödie in Klamotte um, sehr zum Nachteil des Gesamteindrucks. Der Darsteller des „Fischmenschen“ trägt eine Gummimaske, brüllt wie ein Löwe und hat durchaus Ähnlichkeit mit seinem Vorbild. Laut Evangelina Elizondo kam es in der Szene, in der der dieses Monster sein Ende findet fast zu einer Katastrophe, als das Kostüm des Stuntman Feuer fing und der Mann beinahe erstickt wäre: „I guess his costume was made of plastic, and it began to smoke from the inside. He was making movements to show he was in trouble. It was almost a tragedy […] but he was all right.“ *
Der finale Kampf Clavillazos mit den Monstern findet dann unter großem Getöse (und permanentem gequassel des Komikers) statt. Dem Fischungeheuer wirft er ein Glas mit einer dubiosen Chemikalie an den Kopf. Daraufhin verwandelt sich das Tierwesen wieder in einen großen Fisch der, nach Luft schnappend, auf dem Boden des Labors liegen bleibt. Mit dem Frankenstein-Monster liefert Clavillazo sich eine Art Ringkampf. Sehr lustig ist dabei die Szene, in der das Monster den Darsteller wild hin und her schleudert und mehrfach auf den Boden schmettert. Hier kam augenscheinlich eine lebensgroße Clavillazo-Puppe zum Einsatz. Nach einem heftigen Stromschlag bleiben von dem Monster nur noch einige undefinierbare Einzelteile wie Metallfedern, Schrauben und Rohre übrig. Der Wolfsmensch wird anschließend zu Tode gequatscht (na ja, fast), denn als dieser Clavillazo schon in seinen Klauen hat muss er sich schließlich schmachvoll Clavillazos Redeschwall geschlagen geben. Denn der redet solange auf das Monster ein, bis dieses ihn, völlig perplex, wieder loslässt. In diesem Moment greift ein in einem Käfig sitzender Affenmensch durch die Gitter seiner Zelle und tötet den Wolfsmenschen. Nach einem Boxkampf (!) zwischen Clavillazo und Dracula wird dieser durch die aufgehende Sonne vernichtet. Dr. Sputnik findet ebenfalls ein unrühmliches Ende. Kuss, Happy End!
...und einmal kräftig durchatmen!
Clavillazos Komik ist wirklich eine Sache für sich und wenn man seinem Wortschwall aufgrund der Sprachbarriere nicht folgen kann, ziemlich anstrengend. Dennoch ist EL CASTILLO DE LOS MONSTRUOS dank des atemlosen letzten Drittels (in dem übrigens zeitweise alle Darsteller lauthals durcheinander quasseln/schreien) durchaus einen Blick wert. EL CASTELLO DE LOS MONSTRUOS wurde komplett im Studio ohne echte Außenaufnahem realisiert und das sieht (und hört!) man dem Film dann auch an. Die Szenen im Schloss sind recht gelungen und atmosphärisch, das Labor des Mad Scientist ist ganz ansehnlich ausgestattet (inkl. mehrerer Totenschädel) und Clavillazos Geplänkel mit den Monstern sind so schrill, das muss man einfach gesehen haben.
* Screen Sirens Scream!: Interviews with 20 Actresses from Science Fiction, Horror, Film Noir and Mystery
Movies, 1930s to 1960s von Paul Parla, Charles P. Mitchell
https://books.google.de/books?id=MllCLkc3Q_EC&pg=PA90&dq=castillo+monstrios&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjBkoHk88zUAhXHaxQKHQRfCUoQ6AEINzAC#v=onepage&q=castillo%20monstrios&f=false