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Christian Bale spielt Moses, der im Palast des Pharaos, gespielt von John Turturro, zusammen mit dessen Sohn Rhamses, gespielt von Joel Edgerton, aufwuchs und als angesehener Feldherr zu den einflussreichsten Akteuren im Umfeld des Pharaos gehört. Von einem Hebräer, gespielt von Ben Kingsley, erfährt er, dass er der Sohn hebräischer Sklaven ist, was schließlich auch zu Rhamses durchdringt, der mittlerweile als Pharao Ägypten regiert. Moses wird verstoßen, findet sein Glück, in Form einer Familie, aber an einem anderen Ort. Nach einer Vision in der ihm Gott erscheint, kehrt er später nach Ägypten zurück, um sein Volk aus der Sklaverei der Ägypter zu befreien.

Nachdem so ziemlich jeder Fantasy- und Sci-fi-Bestseller im Laufe der letzten Jahre verfilmt wurde, genauso, wie die meisten Comicvorlagen, kam es dieses Jahr zu einer kleinen Renaissance der Bibelverfilmungen, wobei die Bibel ja seit jeher eine beliebte Vorlage für Hollywoods Großproduktionen darstellte. Dass auf Darren Aronofskys „Noah“ nun „Exodus“ folgt, dürfte darüber hinaus auch dem Trend geschuldet sein, vermehrt ältere Zuschauer in die Lichtspielhäuser zu ziehen, da die Zuschauerzahlen bei den jüngeren rückläufig sind. Mit Ridley Scott konnte man dabei auf dem Regiestuhl eine sehr interessante Personalie platzieren, schließlich handelt es sich beim „Gladiator“-Regisseur so ziemlich um die erste Wahl, wenn es um opulent bebildertes Monumentalkino geht. Dass Scott, der nach eigenen Aussagen nicht religiös ist, zudem eine Neuinterpretation der Geschichte ankündigte und den Fokus stärker auf das Verhältnis von Moses und Rhamses richten wollte, machte durchaus Hoffnung, dass der Altmeister hier noch einmal an „Gladiator“ oder zumindest „Robin Hood“ anknüpfen würde. Aber leider ist ihm nicht mehr als gehobenes Mittelmaß gelungen.

Dabei waren die Voraussetzungen eigentlich gut. Das Budget war sehr hoch, was man dem Film auch ansieht und Scott, in handwerklicher Hinsicht ohnehin begnadet, was seine Bilder betrifft einmal mehr in Hochform. Die Landschaftsaufnahmen sind atemberaubend, die Ausstattung, die ägyptischen Denkmäler, Pyramiden und Städte opulent. Scott lässt immer wieder den Blick über die Stadt am Nil schweifen, genauso, wie über die eindrucksvollen Landschaften der umliegenden Wüsten, Halbwüsten und Gebirge, wovon man als Zuschauer kaum genug bekommen kann. Die historischen Schauplätze werden dabei eindrucksvoll zum Leben erweckt, wobei auch die am Computer getricksten Bilder wie echt wirken. Vorwerfen kann man Scott allerhöchstens, dass er es hier und da ein wenig mit Opulenz und Größe übertreibt, beim Errichten seiner historischen Kulissen stellenweise einem gewissen Gigantismus unterliegt.

Selbiges gilt für die Schlacht- und Kampfszenen, für die Inszenierung der biblischen Plagen, die besonders am Anfang und am Ende des Films Action ins Geschehen bringen, den Film auflockern und ebenfalls voll und ganz zu überzeugen wissen. Was Kameraarbeit, Filmmusik und sonstige handwerkliche Aspekte betrifft, gibt es ebenfalls keinen Grund zur Beschwerde und den gibt es auch in darstellerischer Hinsicht nicht. Zwar ist es anfangs etwas ungewohnt den „Batman“-Darsteller Bale in der Rolle des zunehmend bärtigeren Moses zu sehen, der wandelbare Brite spielt aber derart überzeugend, dass der Eindruck schnell verfliegt. Bale stellt den Wandel seiner Figur darstellerisch wie physisch glaubhaft dar, es gelingt ihm wie zuletzt in „The Fighter“ oder „American Hustle“ nahezu perfekt mit seiner Rolle zu verschmelzen. Daneben ist ein ebenfalls überzeugender Joel Edgerton in der Rolle des Rhamses zu sehen, allein die prominent besetzten Nebenrollen hätte sich Scott sparen können. Unverbrauchte Gesichter wären in den Rollen der alten Ägypter und Hebräer wohl glaubhafter gewesen als Ben Kingsley, Aaron Paul und Sigourney Weaver in Statistenrollen.

Was die Story angeht, weist der Film aber so einige Schwächen auf. Zwar gibt es punktuell durchaus ein paar ganz nette Versuche, den Bibelstoff neu zu interpretieren, die altbekannte Geschichte um den Aufbruch der Hebräer, Moses und die biblischen Plagen etwas anders zu erzählen. Dass Gott Moses hier in der Gestalt eines Kindes erscheint, hat beispielsweise durchaus etwas für sich, genauso die zunächst rationalen Erklärungen der Plagen, die über Rhamses hereinbrechen. Letztlich handelt es sich aber doch um eine insgesamt vorlagengetreue Nacherzählung, einen Actionfilm entlang des Bibelstoffs, der nicht wirklich tiefer in die Vorlage eintaucht.

Fataler ist aber, dass bei Scotts handwerklich so überzeugendem Monumentalfilm die Emotionen auf der Strecke bleiben. Zwar versucht Scott seiner Geschichte von Anfang an eine menschliche Note zu geben, so macht er aus Moses und Rhamses Brüder, die zu Feinden werden. Er zeigt einen Moses, der seine Familie verlässt, um sein Volk zu befreien, der mit sich und seinem Gott hadert, aber seinen Glauben bewahrt, der seine alten Weggefährten im ägyptischen Palast nicht leiden sehen möchte, sie aber leiden lassen muss, um sein Volk zu befreien. Dennoch kommen kaum Emotionen auf, weil Rhamses von Anfang an so unsympathisch gestrickt wird, dass selbst der Tod seines Sohnes kaum noch Verständnis für seine Reaktionen hervorruft. Auch die Leiden der Hebräer in der Sklaverei bleiben seltsam plastisch, das Schicksal des Volkes berührt kaum. Statt der Perspektive auf Rhamses hätte Scott vielleicht lieber die der hebräischen Sklaven fokussieren oder aber einen ambivalenteren, zugänglicheren Pharao konstruieren sollen.

Da der zweieinhalbstündige Film so leider kaum Emotion oder Dramatik erzeugt, bleibt letztendlich auch die Spannung auf der Strecke. Bei aller Bildgewalt wirken auch die Aufnahmen in der dunklen und weitgehend unnötigen 3D-Optik irgendwann vor allem distanziert und kühl, sodass der Film nur selten fesselt. Besonders in der ersten Filmhälfte, die den Wandel Moses vom Agnostiker zum Gläubigen, seinen Fall vom Feldherrn zum Bauern darstellt, kommt es so zu einigen Längen. Wenngleich der Lebensweg der Hauptfigur ein wenig an Scotts „Gladiator“ erinnert, kommt nicht einmal ansatzweise dessen emotionale Wucht auf. In der zweiten Filmhälfte nimmt das Geschehen dann zwar an Fahrt auf, dann folgt aber schließlich ein etwas verworrenes Ende, das doch wieder etwas zu biblisch daherkommt.

Fazit:
Bei aller Bildgewalt bleiben bei „Exodus“ die Emotionen leider auf der Strecke, weswegen besonders die erste Filmhälfte viele Längen aufweist. Dann wird der Film zwar actionreicher, das Tempo schneller, aber das Geschehen nicht wirklich mitreißender, weil Scott seinen Rhames allzu unsympathisch erscheinen lässt und der harte Alltag der hebräischen Sklaven seltsam plastisch bleibt. Zudem scheut sich der Brite offensichtlich, wirklich tief in die Materie der Vorlage einzutauchen. Mit Scotts toller Ästhetik, seinen perfekt durchkomponierten Bildern, der Galavorstellung von Christian Bale und zumindest Ansätzen innovativer Neuinterpretationen des Bibelstoffs gelingt „Exodus“ zwar der Sprung ins obere Mittelmaß, mehr aber auch nicht. Vielleicht hätte Scott seinen „Prometheus“-Nachfolger besser direkt gedreht.

62 %

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