"Autsch! Böser Wauwau! Platz!" Mist, jetzt hat mich Lumpi, mein liebes kleines Bluthündchen, tatsächlich gebissen, ich fass' es nicht! Eine schöne Bescherung. Nun heißt es rasch handeln, um die heimtückisch giftige Saat, die sich bereits in meinen Blutkreislauf geschlichen hat und auch mich über kurz oder lang in einen Gorehound verwandeln würde, zu neutralisieren. Kein Problem, so lange das in mir schlummernde Biest noch klein und verletzlich ist. Man muß es nur mit Blut und Gedärm überfüttern, dann zerplatzt es vor lauter Freude und ich bin aus dem Schneider. Ein Griff in den Stapel der für solcherart Notfälle bereit gehaltenen Filme, und die "Super Bloody Splatter University Edition" von Timothy O'Rawes Ghoul School befindet sich in meinen bereits leicht zittrigen Fingern. Ghoul School, Micro-Budget-Amateur-Splatter-Trash aus den Staaten, erstmals auf die Welt losgelassen anno 1990, hey, warum nicht? Los geht's!
Aus einem mir nicht ganz ersichtlichen Grund überfallen zwei Gangster den Schulwart einer High-School und knallen ihn ab. Danach sehen sie sich im Keller etwas um, drücken einen falschen Knopf, und schon nimmt das Drama seinen Lauf. Die beiden Dumpfbacken werden gleich mal von der austretenden, hochtoxischen Chemikalie entsorgt, welche daraufhin die Wasserversorgung der High-School verseucht. Alle, die damit in Berührung kommen - als erstes erwischt es klarerweise das Schwimmteam -, verwandeln sich in blutrünstige, zombiehafte Ghouls, die zähnefletschend durch die Korridore streunen und alles attackieren, was ihren Weg kreuzt. Steve (William Friedman) und Jeff (Scott Gordon), zwei schusselige Horror-Nerds, merken als erstes, daß hier etwas nicht stimmt. Zusammen mit einigen Mitstreitern versuchen sie, nicht nur das Gebäude lebend zu verlassen, sondern auch die gerade für einen Auftritt probende Band namens Bloodsucking Ghouls zu retten.
Einige der Beteiligten an diesem in New Jersey gedrehten Schlocker sind keine Unbekannten. Für die Kameraführung war z. B. Michael Raso (ei Independent Cinema) verantwortlich, der im Folgenden so schöne Filme wie SpiderBabe, Bite Me!, Shock-O-Rama, Call Girl of Cthulhu und Scarewaves mitproduzierte. John Paul Fedele fungierte als Regieassistent und war darüber hinaus an der Produktion beteiligt; in weiterer Folge trat er als Schauspieler (Bite Me!), Kinematograph (An Erotic Werewolf in London), Drehbuchautor (Sexy American Idle) und Regisseur (TITanic 2000: Vampire of the Titanic) in Erscheinung und arbeitete eine Zeit lang bei der K.N.B. EFX Group (Effekte für Lord of Illusions) mit. Bloodletting-Regisseur Matthew Jason Walsh steuerte zusammen mit Rodney Shields die Musik bei, David DeCoteau (Puppet Master III: Toulon's Revenge) produzierte (ungenannt) mit, und J.R. Bookwalter (The Dead Next Door) hatte auch noch seine Finger im Spiel.
Herausgekommen ist ein durchaus kurzweiliger, mit zahlreichen saftigen Gore-Einlagen gespickter Z-Movie-Spaß, der für eingefleischte Amateurhorrorfreunde viel zu bieten hat und absolut sehenswert ist. Das "Z" in Z-Movie steht in diesem Falle für das Budget von etwa zehntausend US-Dollar, welches Regisseur und Drehbuchautor Timothy O'Rawe (Jahrgang 1962) zur Verfügung stand. Wie Genrefan O'Rawe selbst in einem Interview ohne falsche Scham zugegeben hat, orientierte er sich bei Ghoul School vor allem an Dan O'Bannons The Return of the Living Dead (Verdammt, die Zombies kommen) und Lamberto Bavas Dèmoni (Dämonen 2). Diese Vorbilder stechen zwar klar und deutlich ins Auge, allerdings ist auch ein weiterer Einfluß nicht von der Hand zu weisen. Über weite Strecken fühlt sich Ghoul School wie ein Troma-Movie an, jedoch ohne den derben Humor und ohne die geschmacklichen Entgleisungen, die man gemeinhin mit den Eigenproduktionen dieser Trash-Schmiede assoziiert.
Für jenen Teil der Horrorfans, die an seriösen, gut gemachten, schaurigen und/oder spannenden Genrebeiträgen Gefallen finden, ist Ghoul School bestimmt ein einziger Super-GAU. Keine Frage, der Streifen ist aus vielerlei Gründen furchtbar, aber gerade die zahllosen Defizite, mit denen man in den zweiundsiebzig Minuten unaufhörlich konfrontiert wird, tragen erheblich zum Unterhaltungswert bei. Das grotesk überzogene Schmierentheater einiger der Darsteller (einer der Nerds läuft ständig mit verzogenem Mund herum). Die billigblutigen, anatomisch so überhaupt nicht korrekten Sauereien von Subtempeco EFX. Der Auftritt der Bloodsucking Ghouls. Die Übungsstunde des Basketballteams (diese unglaublichen Nulpen versenken keinen einzigen Korb und wecken Erinnerungen an Monty Pythons 100-Meter-Lauf der Orientierungslosen). Die stakkatoartige Gagparade von Jackie 'The Joke Man' Martling, einer Art Fips Asmussen von Amerika, der Anti-Witze à la "Where would you find a turtle with no legs? - Right where you left it!" raushat. Usw., usf., etc. pp.
Meiner Ansicht nach (andere Kritiker vertreten diesbezüglich andere Meinungen) ist Ghoul School als lockere Horrorkomödie konzipiert, wobei O'Rawe den Humor nicht zu dick aufträgt. Cheesy ist wohl das passende Wort dafür. Zumindest das Grundgerüst des Filmes scheint ernst angelegt zu sein; erst die Details sorgen dafür, daß Tränen aus den Augen des Betrachters zu laufen beginnen (ob vor dankbarer Glückseligkeit oder vor purem Grauen sei dahingestellt). Auf der technischen Seite gibt es zwar vieles zu bemängeln, aber die Kameraarbeit mit einigen interessanten Perspektiven und manch schöner Szenenausleuchtung ist doch positiv hervorzuheben. Der rockige Score ist natürlich Geschmackssache, paßt aber recht gut zur trashigen Stimmung und sorgt für ein angenehmes Achtziger-Jahre-Flair. Ansonsten? Der Running Gag mit dem "Swim Team" ist eine Steilvorlage für ein Trinkspiel, die Brüste der Darstellerinnen bleiben stets verhüllt, und das apokalyptische Ende ist sehr nett.
An der Gorefront geht es abwechslungsreich zur Sache. Gliedmaßen werden ausgerupft, Bäuche geöffnet, Schädel geknackt, Kehlen aufgerissen, Innereien ans Tageslicht gezerrt, das übliche halt. Realistisch ist nichts davon, dafür hübsch saftig. Beim Make-Up der Ghouls hat man sich leider weniger Mühe gegeben. Die Zähnchen sind ja sehr cool, aber die bläulich angemalten Gesichter sind nun wirklich nicht das Gelbe vom Ei. Da bleibt ein schaler Geschmack zurück, insbesondere, wenn man den im Sommer 1988 entstandenen Kurzfilm zum Vergleich heranzieht, welcher gemacht wurde, um Geldgeber aufzutreiben. Der ist nämlich ein kleiner Kracher und dem Spielfilm in allen Belangen klar überlegen. Die hierzulande unbekannten, in Amerika aber (zur Entstehungszeit des Filmes zumindest) ziemlich populären Herren Joe Franklin und Jackie Martling sind in ausgedehnten Cameos zu sehen, und Mary Huner (Slime City) sowie Psycho Sisters-Regisseur Pete Jacelone sind ebenfalls mit von der Partie.
Freunde von lustigem Amateursplatter kommen hier also auf ihre Kosten, aber auch sie werden nicht umhinkommen festzustellen, daß Ghoul School viel besser hätte werden können, ja, hätte werden müssen, wenn man etwas ambitionierter, konzentrierter und engagierter zu Werke gegangen wäre. Immerhin hat das zweiundsiebzig Minuten kurze, auf 16mm-Film gedrehte Movie seinen Zweck erfüllt und verhindert, daß ich zum Gorehound mutiere. Yeah! (*)
(*) Hmmm...? Jetzt war mir dieser Quatsch doch tatsächlich mehr als tausend Worte wert. Manchmal frage ich mich schon, ob ich noch zu retten bin!?