Das verschollene Dorf der unbefriedigten Kannibalenvampire
In dem schier unglaublich grossen Fundus an unzähligen Vampirfilmen jener Zeit in den 60er und 70ern als unzählige europäische aber auch amerikanische und englische Regisseure dem Hammerschen Klassiker Dracula (1958) mit Christopher Lee nacheiferten, wirklich ebenso viele Klassiker und Meisterstücke zu finden ist schwierig, denn nur selten unterschieden sich diese unzähligen Werke von den Anderen. Hammer erkannte zwar am Ende ihrer Schaffenszeit Anfang der 70er den Zahn der Zeit, denn schlichtweg durchroutinierte Klassikvampirfilme zündeten nicht mehr, wodurch ihr Konzept sich immer mehr in Richtung Erotik und auch Selbstironie lenkte (Dracula jagdt Minimädchen).
Doch vorallem europäische Regisseure in der Richtung Deutschland, Frankreich, Italien aber auch vorallem Spanien hatten schon immer als oberstes Merkmal die Charakteristik des erotischen Vampirs, denn mehr als oft, hatten die Vampire, meist weiblicher Gesinnung, eine verführerische Aura, wobei vorallem einschlägige Filmemacher wie der französische Jean Rollin und der spanische Jesus Franco dieses Gebiet absolut hervorragend und ausschöpfend abdeckten, zählen zb. The living dead girl, Sexuall - Terror der entfesselten Vampire, Eine Jungfrau in den Krallen von Vampiren, Female Vampire usw. zu den Werken, die wir heute von diesen Beiden schätzen - zumindenst mehr oder weniger, vorausgesetzt, man steht auf so verträumten Sleaze im Horrormantel.
Das hier vorliegende Werk von Leon Klimovsky, der sicherlich kein Unbekannter für Sleazefanatiker und Paul Naschy Fans sein wird, fertigte er doch Trashsleazeperlen wie Im Blutrausch der Zombies (1971), tendiert mit seinen Orgienvampiren in jene Richtung, offenbart sich doch diese unheilvolle, aber auch recht reizvoll makaber verführerische Ausrichtung im Titel an, wobei das Gesamtpaket nicht unbedingt heraussticht, aber dennoch wundersam ist, vereint es vielleicht unbewusst 2 Titel in sich, wobei einer davon, da später erschienen, nicht als Inspiration gelten kann. Wovon die Rede ist, erfahren wir später.
Dabei versetzt er seine düstere Schauermär mitsamt der reisenden Truppe in ein typisches Gefilde, denn der Reisebus in idyllischer Umgebung, herrlich vegetatierende Berge mitsamt altertümlichen Dörfer, vereint diese Atmosphäre, die wir so von unzähligen Werken jener Zeit kennen, ist das doch der Grundstoff aus dem unzählige Horrorfilme gemacht sind, ist das entfernte Ziel, weit weg, immer der reinste Terror. Da ist es schon ein böses Omen, dass der Busfahrer während der Fahrt abnippelt und die Karre plötzlich in einem alten spanischen Bauerndorf streikt, wobei die menschenleere Umgebung bei Tag nicht gerade zur besten Stimmung beiträgt.
Doch immerhin macht man sich breit als wäre nichts gewesen, dann können wenigstens beim Paukenschlag zur Mitternachtsstunde, wer hat es nicht erahnt, die Vampire, ziemlich Zombieähnlich dreinschauend aus dem Grabe steigen. Und schon da macht sich der Verweis zu Rollins Zombiefilm Foltermühle der gefangenen Frauen (1977) breit,weisen die Vampire in schlichter Zombiegestalt ähnliche Erscheinung auf wie jene im französischen Nachzügler des Ökozombies der weintrinkenden Bauern, wobei das idyllische und altertümliche Dorf ähnliche hypnotisierende Atmosphäre verbreitet, um hochposaunend die Synthiebässe mitsamt dem wilden Jazzchor rotieren zu lassen.
Natürlich ist das alles weder gruselig noch effektiv eingesetzt, hat es aber den typischen Charme, der irgendwie von jedem dieser alten Teile ausgeht, da macht es dann auch nichts mehr, dass sich die Folgeminuten in Dialognonsense versinken, zumal wir jetzt mal feststellen durften, dass die Vampire am Tag so fremdenfreundlich und entgegenkommend wie die Hillbillys in 2000 Maniacs (1966) sind, bekommen die Touristen doch unwissend die vorher mit Axt gekillten Menschen serviert und Nachts abgehen wie am Eumelie gezerrt, um ihre Gastfreundschaft am Tag davor vollends zu vergessen. Wie das aussieht, bekommen wir dann paar Nächtle zu sehen, wobei die Obervampirin recht gut entzücken kann, hat sie das "um den Finger wickeln" wohl ausserordentlich gut gelernt. Gorig, splattrig oder blutig wie vielleicht erhofft wirds dabei leider nie, aber zumindest kann man aufgrund der Mimik der Vampirerscheinungen lachen.
Orgien sehen zwar anders aus, aber zumindest teilen sich die Vampire ihre Opfer bei Nacht so brav kollegial und gemeinsam wie ihre untoten Zombieleins, wobei sie mit ihrer vehementen Gastfreundschaft noch menschlicher zu gehen, zumal sie ja auch ganz gut und gerne dann und wann mit ihren sonstigen Reizen spielen. Ganz fern betrachtet, ist das der Stoff, der irgendwo unterhält, aber doch einschläfernd ist, denn zu konstant ist das Drehbuch, dass sich bloss auf Umgarnen, Anbeissen, Opferverteilung und Ekelanreiz durch Kannibaleneinschub beschränkt, wobei natürlich Bezugscharaktere aussen vorbleiben, wenn wir mal von der niedlichen Kindesfreundschaft mit dem Mädchen und dem Vampirkind absehen.
Ein Happy - End bleibt uns nicht erspart, immerhin überleben 2 die Orgie des Grauens, wobei der Twist aber wieder an einen eben genannten Streifen erinnert.
Fazit:
Gemütlicher, nahezu biederer, vollkommen falsche Versprechen setzender Vampirstreifen, der gekonnt irgendwo von der Thematik her zwischen 2000 Maniacs ansetzt und atmosphärisch ähnlich wie Pestizide - Grapes of death punkten kann, aber gesamt zu unexplizit und redseelig ist, um wirklich herauszustechen. Nachyfans, Sleazefanatiker und Fans von alten französischen / spanischen Bauerndörfern dürfen trotzdem zuschlagen, zumal das Teil Public Domain ist.
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