Johnny Rose (Eugene Levy) ist der Vizekönig der nordamerikanischen Videoketten (nach Blockbuster) und wird von Geschäftspartnern massiv übers Ohr gehauen und landet somit am Ende in der Kleinstadt Schitt’s Creek im kanadischen Nirgendwo, die er einst als „Spielzeug“ für seinen Sohn David (Daniel Levy, Eugenes Sohn auch in Realität) gekauft hat. Dort landet die verwöhnte, uneinsichtige Familie Rose im etwas schäbigen, örtlichen Motel unter dem Spott und der Verwirrung der Ortsbewohner. Langsam müssen sie sich aber an die neue Realität gewöhnen, denn die Roses sind bankrott und müssen einen etwas frugaleren Lebensstil adaptieren, was nicht ganz ohne Komplikationen abläuft.
Die sechs Staffeln der erfolgreichen kanadischen Comedy-Serie Schitt’s Creek haben ungefähr 8000 Nominierungen und ebenso viele Preise gewonnen, unfassbar. Eugene Levy ist vielen z.B. aus den Filmen der American Pie-Reihe bekannt oder von diversen hervorragenden Mockumentarys wie Best in Show. Um es vorwegzunehmen: Schitt’s Creek ist ein schöne, witzige, erbauliche (!) Comedy über einen Culture Clash zwischen den verzärtelten Roses und der einfachen, aber ehrlichen Landbevölkerung. Sie hat nicht den rasanten Screwball-Witz von Seinfeld, den bitterbösen Sarkasmus eines Larry David (Curb your Enthusiasm) oder Ricky Gervais (The Office). Sie erinnerte mich im Humor eher an die wunderbare US-Serie Parks and Recreation.
Ich habe diese Serie mit großer Freude gesehen, für meine Verhältnisse auch relativ schnell (es sind sechs Staffeln mit je 13 Folgen á 21 Minuten), innerhalb von 2,5 Monaten. Zentrales Thema der Komik ist tatsächlich eine völlig verkehrte Kommunikation zwischen allen Beteiligten, das Leben in eigenen Universen, die höchst amüsant kollidieren und wo beide Seiten, die Roses und die örtliche Bevölkerung, ihr Fett wegbekommen. Skurrilste Figur ist sicher Johnnys Gattin Moira (Catherine O’Hara), eine durchaus überkandidelte, exzentrische, exaltierte Soap-Darstellerin, die sehr mit dem Motelleben hadert, aber sogar im Chor und im Gemeinderat landet. Tochter Alexis (Annie Murphy) ist ein typisches It-Girl, sehr selbstzentriert und kapriziös, aber irgendwie auch mit einem guten Herz, auch wenn es sich unter vielen Make-Up-Schichten verbirgt. Sohn David ist verwöhnt, schwul und neurotisch, aber bald verliebt er sich in einen Landbewohner. Und Johnny versucht immer die Fassung und Würde zu bewahren und den Optimismus in den düstersten Situationen zu beschwören, aber manches Mal staunt er auch nur über Sturköpfe und Schmerzfreie wie Bob, den Werkstattbesitzer und Roland, den Bürgermeister des Orts. Am meisten genossen habe ich immer die Szenen mit Johnny, der mit einem gewissen Stoizismus den Widrigkeiten des Kleinstadtlebens begegnet und es ist zum Schreien, dies zu sehen und v.a seine kommunikativen Verrenkungen.
Alles in allem eine schöne Serie mit runden Ausgang ohne Cliffhanger-Potenzial (auch schön, wie entspannt und selbstverständlich mit Davids Homosexualität umgegangen wird), sehr viel Feelgood und für meinen Geschmack manchmal, gerade in der sechsten und letzten Staffel, doch etwas zu viel Sentimentalität und Schmalz, aber dennoch sehenswert mit sehr liebenswerten, menschlichen, schrägen Figuren. Und: bitte unbedingt im Original schauen, falls möglich, das wunderbare, klare kanadische Englisch ist einfach großartig!
7,5/10.