Review

kurz angerissen*

Immerhin mal wieder eine Dokumentation über wirtschaftlichen Aufstieg und Niedergang, die eine anständige Struktur aufweisen kann. Colin Hanks beschäftigt sich in seinem Langfilm-Regiedebüt mit dem Aufbau von Tower Records, einem der legendärsten Vinyl- und CD-Retailer Amerikas, und zeichnet die Geschichte von der Gründung 1960 bis zum Bankrott im Jahr 2006 nach. Dabei schafft er das Bild eines mit familiärer Atmosphäre geführten Betriebes, der aufgrund vieler glücklicher Entscheidungen rasant expandierte, um schließlich als Gigant an drei Faktoren zu scheitern: an der Selbstüberschätzung des Gründers Russ Solomon sowie an den Symbolen Walmart und Napster.

Diese etwas schlichte Auflösung lässt darauf schließen, dass einige Dinge unter den Tisch gekehrt wurden, aber offene Karten sind ohnehin nur das vermeintliche Metier des Dokumentarfilmgenres. Beschönigungen gehen hier schon mit dem Sujet Hand in Hand; Hanks nutzt verstärkt Werbeslogans der Kette, um diese für eigene Zwecke zu deuten. Und wo Slogans fallen wie "No Music. No Life", da werden natürlich auch Leidenschaften angesprochen und Tower Records als Ermöglicher dieser Leidenschaften inszeniert. Prominente wie Bruce Springsteen und Elton John nehmen extra teil, um Worte des Lobes und persönliche Anekdoten zu teilen; dass außerdem ein Dave Grohl interviewt wurde, verstand sich nach dessen "Sound City"-Dokumentation fast von selbst.

Trotz dieser erwartbaren Zugeständnisse an die Konventionen ist Hanks ziemlich gut darin, den Fokus auf einer Linie zu halten. Man mag einwenden, dass über die Geschäftskultur und die Abläufe im Inneren der meist riesigen Verkaufsflächen eher wenig geäußert wird, so dass man kein direktes Gefühl dafür bekommt, was es so besonders gemacht hat, in einer Tower-Records-Filiale einzukaufen. Umgekehrt wird jedoch sehr viel über das Geschäftsgebahren und die Firmenphilosophie geliefert. Geschickt pendelt die Regie zwischen Interviewerzählungen und Einspielern aus dem Archivmaterial, zieht logische Schlüsse und erläutert die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens schlüssig und einfach. Wenn dann mittendrin ein früherer Manager eine rührselige Erinnerung mit der Kamera teilt, kommt das in diesem Moment etwas unerwartet und berührt daher umso direkter das Herz des Publikums.

Mit der lockeren, aber niemals seichten Anordnung der Interviews und sonstigen Materialien gelingt Colin Hanks auf jeden Fall abendfüllende Unterhaltung. Ob nun all die direkt Beteiligten, inklusive des nunmehr schon über 90-jährigen Solomon, dem Anspruch an vollkommene Transparenz genügen, ist wieder eine andere Frage; mindestens das Motto "All Things Must Pass" jedoch ist eine unbestreitbare Wahrheit.

*weitere Informationen: siehe Profil

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