Im Zeitpunkt seiner Entstehung galt "The Last Man on Earth" als ein billig heruntergekurbelter C-Film, der keiner weiteren Erwähnung für würdig befunden wurde, jedoch hat sich diese Einschätzung, wenn auch viel zu spät, im Laufe der Zeit glücklicherweise geändert.
Problematisch für eine erfolgreiche Vermarktung war sicherlich der geradezu chaotische Entstehungsprozess. Das unter Mitwirkung von Richard Matheson, des Autors der Romanvorlage "I Am Legend" (dt. "Ich bin Legende", soll im Jahr 2008 bei Heyne neu aufgelegt werden) entstandene Skript wurde zunächst den britischen Hammer-Studios angeboten, dort jedoch wegen seines für die frühen Sechziger Jahre als zu kontrovers empfundenen Inhalts abgelehnt. Man wich nach Italien aus, wo der Film schließlich produziert wurde.
Meinungsverschiedenheiten zwischen dem amerikanischen und italienischen Teil des Produktionsteams führten dann gerüchteweise zu zwei verschiedenen Schnittfassungen, in denen auch zwei verschiedene Regisseure genannt wurden: Sidney Salkow für die in den USA veröffentlichte Version sowie Ubaldo Ragona für Italien.
Da mir die italienische Fassung des Films noch nie unter die Finger gekommen ist, bespreche ich hier ausschließlich die amerikanische, die mit ihren ganz eigenen Problemen zu kämpfen hatte.
Zunächst ist zu bemerken, daß Richard Matheson sich recht früh von dem Film distanzierte und ihn ebenso wie den 1971 entstandenen "Der Omega Mann" mit Charlton Heston in der Hauptrolle als inadäquate Verfilmung seines Romans bezeichnete. Da sich "Der Omega Mann" inhaltlich sehr weit von der literarischen Vorlage entfernt und eigentlich nur noch die Thematik des letzten Überlebenden in einer (hier) von wahnsinnigen Opfern eines bakteriologischen Krieges überrannten Welt zum Inhalt hat, ist eine Distanzierung Mathesons diesen Film betreffend verständlich. Verwunderlich erscheint mir dies hingegen im Zusammenhang mit "Last Man", da sich der Film so eng an das Buch hält, daß sogar einige Dialoge in Teilen wörtlich aus der Romanvorlage übernommen wurden. Vielleicht war für Matheson entscheidend, daß die in seinem Roman ausdrücklich als Vampire bezeichneten Häscher der hier von Vincent Price dargestellten Hauptfigur im Film an keiner Stelle so genannt werden, oder daß der Name dieser Hauptfigur aus mir unbekannten Gründen von "Robert Neville" in "Robert Morgan" geändert wurde.
Sei's drum, für mich weist der Film alle Qualitäten einer guten Literaturverfilmung auf: er hält sich an den vorgegebenen Handlungsverlauf, kann die Atmosphäre überzeugend auf das Medium Zelluloid übertragen, und - uns das ist für mich entscheidend - er transportiert die Aussage des Buches unverändert.
Meiner Ansicht nach geht es in der Geschichte nicht primär um Vampire und letzte Menschen, die gegen eine unbezwingbare Übermacht kämpfen, sondern um die Frage, auf welcher Seite man steht - der guten oder der bösen. Klar ist, daß der Zuschauer sich mit Robert Morgan von Anfang an identifiziert, und dies ist auch so beabsichtigt. Man erfährt aus von Price eingesprochenen Off-Kommentaren von seiner Einsamkeit und seiner damit verbundenen Traurigkeit, alles verloren zu haben, was ihm jemals etwas bedeutet hat. Die Geschichte bildet ein fabelhaftes Vehikel, diesen Punkt ins Extrem zu treiben, beschränken sich seine Verluste doch nicht nur auf sein Heim, seinen Arbeitsplatz und seine Familie, sondern auf die Welt, in der er gelebt hat schlechthin. Seine Motivation besteht dann letztendlich darin, einen Teil dieses verlorenen Lebens vor dem Untergang zu retten, indem er sich mit der Entschlossenheit des Verzweifelten gegen die gesichtslosen Horden der von einem nicht näher bezeichneten Virus infizierten wehrt, die ihm und damit seinen Erinnerungen zu Leibe rücken . Zunächst tut er dies nur passiv, verschanzt sich in seinem zur Festung ausgebauten Haus, das nachts von ihnen belagert wird, hängt Spiegel, Kreuze und Knoblauch auf, um seine Zuflucht zu schützen. Später dann wird er selbst aktiv, geht tagsüber auf die Jagd, um seine Feinde einen nach dem anderen zu pfählen. Die Alternative des Wandels, sprich, der Anschluß Morgans an die unüberschaubare Gruppe seiner Belagerer, kommt für ihn zu keinem Zeitpunkt in Frage, was von der Figur seines ehemaligen Arbeitskollegen Ben Cortman (Giacomo Rossi-Stuart) verdeutlicht wird. Einstmals ein adretter Sonnyboy, torkelt er nunmehr zerrissen, verwahrlost und zu keiner verständlichen Äußerung mehr fähig nachts vor Morgans Haus herum und verkommt damit auf eine Art, die Morgan niemals für sich akzeptieren könnte.
Eines Tages trifft er auf eine Frau, die er für eine weitere Überlebende hält, und in den nun folgenden Gesprächen deutet sich bereits an, wohin die Story führt: nicht er ist der letzte Gute, der sich gegen ein Heer von Bösewichtern wehrt, sondern er ist der Störfaktor in einer neuen Gesellschaft, den es zu bekämpfen gilt. So wandelt sich auch der Titel der Romanvorlage von "Ich bin Legende" zum Schluß hin in der Betonung zu "Ich bin Legende".
Ich halte diese Aussage für höchst interessant, da sie sich mit der Frage des Selbstverständnisses eines Menschen in Wechselwirkung mit seiner Bewertung durch die Gesellschaft auseinandersetzt. Eine solche Aussage ist - da sie sich mit einem grundsätzlichen menschlichen Bedürfnis beschäftigt - zeitlos und auch genreübergreifend. Interpretiert man beispielsweise Ralph Nelsons Schockwestern "Das Wiegenlied vom Totschlag" auf dieser Basis, kann man zweifellos Parallelen feststellen, da auch hier ein Mann mit dem Selbstverständnis der Rechtschaffenheit und Aufrichtigkeit im Lauf des Films mit der erschütternden Tatsache konfrontiert wird, zu den Bösen zu gehören.
Es geht hier also darum, daß "gut" und "böse" immer das ist, was die zahlenmäßige Mehrheit einer Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt darunter versteht.
Problematisch ist leider, daß diese an sich anspruchsvolle Aussage einer nicht ganz so anspruchsvollen Inszenierung gegenübersteht. So kann die Produktion nicht verleugnen, daß ihr wenig Geld zur Verfügung stand, man hat aber aus meiner Sicht dennoch das Beste aus diesem Umstand herausgeholt. So wurde der Film beispielsweise komplett in Italien gedreht, obwohl er offensichtlich in den USA spielt, jedoch sieht die gezeigte Umgebung durchaus amerikanisch aus.
Darüber hinaus wird sehr deutlich, wo sich etwa George Romero Inspirationen für das Aussehen und den Habitus seiner Zombies in "Night of the Living Dead" geholt hat. Bereits mehrfach wurde von Kritikern festgestellt, daß "Last Man" damit als Wegbereiter für ein Genre gelten kann, das erst sehr viel später seine hohe Zeit hatte, und das auch heute noch aktuell ist.
Die Tatsache, daß der Film komplett in schwarzweiß gedreht wurde und ein vielleicht als altbacken zu bezeichnender Grundton mag den einen oder anderen davon abhalten, sich diesen Film heute anzusehen, ich bezeichne ihn jedoch als eine zu Unrecht in Vergessenheit geratene kleine Perle, die man zumindest mal gesehen haben sollte. Für Interessenten sei hier die amerikanische MGM-DVD aus der Reihe "Midnite Movies" empfohlen, die im Double Feature mit "Panic in Year Zero" veröffentlicht wurde. Sie hat gemessen am Alter und am Stellenwert des Films eine erstaunlich gute Bildqualität, das Quellmaterial weist so gut wie keine Fehler auf, und außerdem liegt sie in 2,35:1 in anamorpher Abtastung vor.