Review

Magie der Träume 

Egal wie scharf ich immer gegen 3D schieße, sowohl in privaten Gesprächen als auch in meinen Reviews - es gibt Filme, bei denen hatte die Technik Sinn & vor allem im Kino auch einen Mehrwert. Avatar natürlich, aber auch Life of Pi oder Gravity. Und auf diese kurze Liste, kann man von nun an auch ohne Zweifel "The Walk" setzen. Die wahre Geschichte über einen französischen Drahtseilartisten, der in den 70ern mit einem Seiltanz zwischen den Türmen des World Trade Centers seinen Lebenstraum erfüllte, ist ein toller Film, keine Frage. Er funktioniert auch ohne 3D noch, dazu ist Zemeckis ein zu guter Geschichtenerzähler, der Film zu charmant, Gordon-Levitt zu bemüht & die Bilder auch ohne Pop Out-Effekt grandios. Zu einem atemberaubenden Erlebnis wird der Film aber erst in 3D, mit möglichst großer Leinwand (leider nur Übersee im sich anbietenden IMAX zu bestaunen). Von vornherein auf das gebeutelte & oft ausgenutzte Format ausgelegt, fährt vor allem das letzte Drittel, samt dem eigentlichen Walk, fast schon neue Maßstäbe auf, was die dritte Sehdimension angeht. Mir & meiner Freundin wurde nicht schlecht, und das obwohl sie etwas Höhenangst hat, aber beeindruckt, happy & erstaunt ließen uns die künstlerisch wertvollen Bilder aus luftiger Höhe auch so zurück. 3D ist hier nicht nur ein im Nachhinein ausgenutztes Gimmick - der Film & die Technik fusionieren & schweben so zu fantastischen neuen Höhen & Welten. 

Für Fans von "Man on wire", der ersten Verfilmung dieses legendären Wagnisses, wirkt "The Walk" vielleicht etwas kitschig, laut, zu hollywood, protzig & artifiziell - wenn man sich auf Zemeckis' zauberhafte Art & magische Geschichte aber einlässt, kann man hier fast ebenso glücklich werden. An den französischen Akzent der Personen gewöhnt man sich fix, den unechten, glatten Look des Films akzeptiert man einhergehend mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht & der Film hinterlässt einfach ein inspirierendes Glücksgefühl, wie es dieses Jahr vielleicht nur noch "Der Marsianer" ähnlich hinbekommen hat. Etwas so Lebensgefährliches, Verrücktes, so leichtfüßig darzustellen, ist auch eine Kunst. Habe Träume, glaube an diese, glaube an dich, erfülle sie. Und wenn man Philippe Petit da oben glücklich dem Tod trotzen sieht, immer wieder die Polizei reinlegend, wie er nicht nur seinem Leben, sondern auch den Twin Towers & fast ganz New York ein Denkmal der träumerischen Freiheit setzt, dann ist das ansteckend für Jung & Alt. Definitiv ein Film, den die ganze Familie genießen kann. Man lacht überraschend viel, man staunt sich fast Tränen in die Augen - erst recht wenn man einen Sinn für Freiheit, Kunst & Schönheit hat.

Trotz seiner stolzen Länge, blassen Nebencharakteren & einer etwas zäheren, schwächeren ersten Hälfte, vergisst man diese Durchhänger durch ein furioses Finale eindeutig. Als Mischung aus Mission Impossible, Oceans Eleven & Man on Wire, gelingt es dem Film eines der Kinohighlights des Jahres zu sein & mal wieder zu beweisen, dass Zemeckis vielleicht der unterschätzteste noch aktive Filmemacher ist. Wer gerne träumt & sich verzaubern lässt, selbst noch Ziele & Ambitionen, Mut & Liebe zu einem außergewöhnlichen Hobby verspürt, wird sich im Kinosessel oft genug wie ein kleines Kind fühlen. Kitschige Momente hin, unnötiges Meta-Gequassel her - mir ging es teilweise so wie Petit: als das Seil gespannt war & der Walk begann, verschwand alles um mich herum. Probleme wurden klein, Träume groß, Angst verblasste, Schönheit & Mut leuchteten auf.

Fazit: bei solchen Filmen macht 3D Sinn, aber auch nur bei solchen. Zemeckis' Drahtseilakt ist eine Ode ans Träumen, an Träumer, an Künstler & an die Twin Towers. Sehenswert, im Kino besonders!

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